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Thema: Tempo Boy 1951 Di 01 Aug 2017, 18:11
Das älteste mir bekannte Foto aus den 1970ern auf dem Werkshof der Spedition Biewendt, bereits in weinroter Lackierung. Das Kennzeichen ist das alte "Jubiläums-Kennzeichen" von Herrn Biewendt - nicht das dieses Fahrzeugs
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Vorgeschichte und Vorstellung des Fahrzeugs, Allgemeines
Hallo Leute, ich schreibe dies gewiss nicht, weil ich stolz auf den Verfall dieses kleinen und seltenen Autos bin! Es soll mir ein Ansporn sein, die Restauration wirklich durchzuziehen - und Euch ein abschreckendes Beispiel und eine Warnung!
Nein - natürlich nicht nur Warnung! Wichtiger ist es mir, dass Ihr Eure vermeintlich "hoffnungslosen Fälle" anpackt und nicht den Mut verliert. Ich werde diesen vermeintlich "hoffnungslosen Fall" versuchen, bis zum hoffentlich erfreulichen Ende durchzuziehen.
Er wurde im Jahre 1951 im Tempo-Werk Hamburg Harburg mit der Fahrgestellnummer 282 659 "erzeugt". Er hört seitdem auf den Vornamen Tempo und Nachnamen Boy (oder umgekehrt).
Erworben hat ihn damals ein Gartenbaubetrieb in Schleswig-Holstein, genau genommen in Klingberg bei Pönitz. Das liegt in der Nähe von Scharbeutz in Ostholstein. Dort hat man ihm das Kennzeichen BS25-6090 zugeteilt (schwarzes Besatzungskennzeichen - Britische Zone Schleswig-Holstein).
1957 verschlug es ihn dann nach Niedersachsen. Er kam nach Everloh (Gehrden) im Landkreis Hannover zu einem Landwirt und Tischler. In diesem Jahr gab es dann auch schon das "moderne" Kennzeichen mit der Nummer H-N 528.
Es ist aus den Papieren bekannt, dass er bis 1966 seinen Dienst als Tischler-Fahrzeug verrichten durfte. Dann kam die Stilllegung und das Einmotten in einer trockenen Unterkunft (Scheune).
Mitte der 70er Jahre wurde er dann dem Firmengründer und Senior-Chef der Spedition Biewendt/Hannover zum 25-jährigen Firmenjubiläum von seinen Mitarbeitern geschenkt. Der Chef hatte mit einem weinroten Tempo Dreirad seine Karriere begonnen. Zu diese Festanlaß wurde er deshalb in Weinrot umlackiert - der ehemaligen Chef-Farbe. Es war eigentlich mehr ein "Übertünchen". Die Original-Lackierung war allerdings das typische Tempo-Grün - RAL6000 (Patinagrün/"Gartenzaungrün").
Damals durfte er mit roter Nummer immer wieder einige Runden drehen. Man sah ihn hin und wieder in Hannover - vor allem rund um das VW-Werk, am Nordhafen, der Schulenburger Landstraße oder im Bereich Herrenhausen/Leinhausen Stöcken. Zu dieser Zeit waren auch noch ein paar andere Dreiräder in der Nähe im "Echteinsatz", so dass dieser kleine Boy gar nicht so sehr auffiel.
Bald stand er jedoch als "Denkmal" ungeschützt über Jahre auf einem Garagendach - als Wahrzeichen der Spedition Biewendt (oder war es ein Containerdach?). Er verfiel sichtlich und Rost machte sich breit. Nun war er schon eher ein Mahnmal...
So sah er aus, als ich ihn 1982 erwarb. Die Türen und die Haube sind vorhanden. Die Pritschen-Verbreiterung über den Schutzblechen ist nicht original
Zwischen dem letzten Foto und dem davor liegen ungefähr 5 Jahre herumstehen bei Wind und Wetter - ungeschützt. Im Hintergrund sieht man meinen 1956er Hanseat (Hochpritsche), wie ich ihn damals aus erster Hand von einem Imker in Garbsen übernommen hatte. Rechts davon der 1950er Hebmüller-Woody, den inzwischen der Nobbi in Arbeit hat (Haube hoch).
Dann kam der Kardinal-Fehler: Ich hatte schon Anfang der 1980er Jahre begonnen, das Fahrzeug zu zerlegen! Das zwar mit der Absicht, zügig die Restauration zu beginnen, aber daraus wurde nie etwas. Es kamen private Wirren, Kinder, Umzug, Haus, Beruf, Gesundheit etc. Alles war nun wichtiger, als ausgerechnet Tempo...
Alles in einen Holzschuppen. So liegt er dort zerlegt seit Anfang der 1990er Jahre. Das ist zwar relativ trocken, aber der Rostfraß ist nicht zu sättigen, wenn man nichts dagegen tut.
Kabine im alten Holzschuppen, dahinter der Rahmen an der Bretterwand
Wenn Ihr die Luftschlitze auf dem ersten Bild mit dem obigen vergleicht, dann kann man noch ahnen, dass es das gleiche Fahrzeug ist (fehlende Strebe).
Hier geht es um den grünen Farbton - die Original-Farbe dieses Tempo Boys (RAL6000 Patinagrün/"Gartenzaungrün")
Die übergespritze weinrote Lackierung blättert ab, darunter kommt das originale Tempo-Grün (RAL6000 Patinagrün/"Gartenzaungrün") wieder zum Vorschein. Der Tempo Boy wurde lt. Prospekt seinerzeit werksmäßig nur in grün geliefert. Jede andere Farbe war eine Sonderlackierung (lt. Prospekt). Auch bei dem grauen Boy vom Christian ist diese Farbe verräterisch an der Rückwand der Kabine zu sehen.
Was war das für eine Farbe? Gibt es diese Farbe heute noch? Als Kinder sagten wir dazu "Gartenzaun-Grün", weil die Zaunlatten in unserer Straße oft den gleichen Farbton hatten. Update: Es entspricht Patinagrün - RAL6000.
Erschreckende Realität...
Auf dem oberen Foto tauchen noch die Flachten der Pritsche mit einem Schutzblech wieder auf. Selbstverständlich sind sämtliche Holzteile zu erneuern.
Die Substanz ist besser, als man auf den ersten Blick meint...
Auch ein paar Vögel haben den Weg in den Holzschuppen gefunden und ihre Spuren hinterlassen.
Rahmen-Traverse voller Rostnarben
An einigen Stellen ist das Blech wohl nicht mehr tragfähig und muss erneuert werden. Gut, dass es nur Abkant-Bleche sind, die man problemlos ersetzen kann.
Rahmen-Traverse der Führerhaus-Rückwand abgeknickt
Genug des grausamen Spiels!
Na, der Sandstrahler wird sich freuen! Da ist dann auch noch vieles zu erneuern und zu schweißen. Ich bin gespannt, wie die Teile vom Strahlen zurück kommen. Aber das wird erst sein, wenn in der Garage wieder Platz ist.
Anmerkung: Die Reifengröße war bei Übernahme des Fahrzeuges 5.00-16 auf Felgen 3.25Dx16. Lt. Brief müssten 4.50-16 auf 3.00Dx16 montiert sein. Das sieht m. E. für einen kleinen Boy besser aus - zur eindeutigen Unterscheidung vom großen Hanseat.
Fortsetzung folgt, wenn die ersten Teile mal restauriert sind (Augen zu und durch!)...
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 25 Nov 2024, 12:59 bearbeitet; insgesamt 166-mal bearbeitet
jcolberg Ingenieur
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Thema: Re: Tempo Boy 1951 Mi 02 Aug 2017, 20:53
Hallo Uwe,
ich will Dir mal ein wenig Mut machen: Die privaten Wirren kenne ich auch irgendwie, man nennt es auch das Leben. Beim einen so, beim anderen so. Der Zustand meines Dreirades ist auch nicht besser. Also willkommen in Club, das wird schon. Die richtige Einstellung zu Blech hast Du ja schon mal. Der Tipp, den ich frühzeitig bekommen habe, so viel wie möglich zusammen im Stück zu lassen, hilft hier auch erst einmal nun denen, die das rechtzeitig lesen. Aber wo sollte man sonst anfangen, als mit dem Rahmen. Bei mir hat das zur Folge, dass ich mit einem anderen Rahmen anfange, ein neues Fahrzeug zu bauen. Nun zu Deiner eigentlichen Frage, der Farbe. Hast Du mal einen Blick auf die Farbtafeln geworfen? Ich weiß jetzt nicht, ob die hier im Forum veröffentlicht wurden, aber auf jeden Fall im Mitgliederbereich des Clubs zu finden. Wenn das nicht hilft, gibt es heute sehr gute Möglichkeiten, aus einem noch vorhandenen Original die Farbe zu bestimmen und neu anzumischen. Wenn Du mehr Infos dazu brauchst, fällt mir bestimmt auch noch ein, wer das so gemacht hat.
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 04 Aug 2017, 13:05
Hallo Jens Jcolberg, hallo Leute,
danke für Deine aufmunternden Worte.
So ein Tempo Boy ist ja relativ überschaubar. Ich werde meine beiden Hanseat "verlegen" in eine andere Garage, solange die nicht verkauft sind. Dann habe ich hier Platz zum Schrauben - dann kann's losgehen. Das wird aber nicht vor dem nächsten Jahr sein.
Mein Tempo Boy 1951 bei Spedition Biewendt in den 1970ern
Dieses Foto aus besseren Zeiten meines Tempo Boy habe ich noch gefunden. Vielleicht wird er ja wieder eines Tages so ähnlich dastehen. Allerdings in Tempo-Grün (RAL6000 Patinagrün/"Gartenzaungrün") und mit der Bereifung 4.50-16 auf 3.00Dx16.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 02 Sep 2024, 12:34 bearbeitet; insgesamt 8-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 25 Aug 2017, 17:38
Hallo Leute,
auch Kleinigkeiten machen glücklich.
So kann ich Euch heute das erste fertige Bauteil für den Tempo Boy präsentieren:
Solche Felgen und Reifen suche ich noch!
Es ist ein Reifen der Größe 4.50-16 auf meiner einzigen vorhanden Felge der von mir gesuchten Größe 3.00Dx16.
Wie gesagt - Angebote bitte an mich!
Den Reifen musste mein Borgward FW200 (Dreirad-Tiefpritsche) erst einmal opfern. Eigentlich hatte ich den für dieses Fahrzeug vorgesehen. Er war tatsächlich auf dem Vorderrad dieses Borgwards und war noch in Ordnung. Sogar das Gummi ist noch nicht verhärtet.
Das war noch Qualität, damals!
Continental-Vorkriegs-Reifen noch intakt!
Warum will ich unbedingt 4.50er Schlappen auf dem Boy?
Der 4.50er Reifen ist deutlich schmächtiger, als 5.50-16, wie ich sie auf dem Hanseat fahre. Der Boy soll ganz klar ein Boy sein - die Reifengröße ist mir dabei sehr wichtig!
Schmale Schlappen und breite Puschen - links 4.50-16, rechts 5.50-16
Ringt Euch durch und trennt Euch von Schrott, den Ihr nicht benötigt!
Gute 5.50er auf Felgen 3.50Dx16 hätte ich übrigens noch zwei für Euch übrig - z. B. im Tausch gegen die mir fehlenden 4.50er auf 3.00Dx16!
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 02 Sep 2024, 12:31 bearbeitet; insgesamt 7-mal bearbeitet
jcolberg Ingenieur
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Thema: Re: Tempo Boy 1951 Sa 26 Aug 2017, 22:16
Hallo Uwe,
war denn nicht nur der vordere kleiner, wegen des schwächeren Motors?
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 So 27 Aug 2017, 01:07
Hallo Jens Jcolberg,
bei den Nachkriegs-Dreirädern wurden alle drei Räder werkseitig mit der gleichen Bereifung geliefert. Ob Sonderwünsche für besondere Zwecke erfüllt wurden, ist mir unbekannt.
In meinem Original-Brief ist nicht angegeben, dass vorn 4.50-16 und hinten 5.00-16 eingebaut werden mussten oder waren. Es sind lediglich beide Größen wahlweise für alle Räder eingetragen.
Prospektblatt 1951: Boy annähernd mit meiner Aufbau- und Fahrgestell-Variante - augenscheinlich mit 4.50-16 bereift
Der Boy wurde werksseitig wahlweise mit der Bereifung 4.50-16 oder 5.00-16 geliefert - auf allen Rädern die gleiche Größe. Das wirkte sich zumindest bis zum Modell 1953 nicht auf die Nutzlast aus. Bei der Gesamtübersetzung war das allerdings schon ein Unterschied, denn der Boy war mit den kleineren Rädern agiler im Fahrverhalten.
Im Prospekt 1951 ist nur die Bereifung 4.50-16 angegeben - nicht 5.00-16
Der Hanseat wurde werksseitig bis Modelljahr 1953 nur mit Bereifung 5.50-16 geliefert. Ab Hanseat '53 wurde auf Wunsch auch 6.00-16 verbaut (welche Felgengröße dann werksseitig?). Mit 6.00-16 und Öldruckbremse erhöhte sich die Nutzlast des Hanseat von 790 auf 900 kg.
1953 führte Tempo bei den Dreirädern die Öldruckbremse ein. Über den Boy habe ich für das Modell 1953 keine Unterlagen. Ich meine, dass auch die Boy hydraulische Bremsen bekamen.
Offene Fragen: Ob 1953 auch beim Boy durch Einführung der Öldruckbremse mit größerer Bereifung ebenfalls eine Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts verbunden war, kann ich leider nicht sagen.
Was mich soeben kalt erwischt: Im Boy-Prospekt 1951 ist ausschließlich die Reifengröße 4.50-16 genannt - anders, als in meinem 1951er Brief fest verdrahtet...
Außerdem überrascht mich in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass der 200er Motor mit 7,5 PS mit der Handanreiß-Vorrichtung hier bereits nicht mehr angeboten wird (Rasenmäher-Motor). Update: Der wurde wohl ab Modell 1951 nicht mehr geliefert.
Vielleicht kann uns ein Wissender über die offenen Fragen aufklären?
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 11 Dez 2023, 14:16 bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Mi 19 Aug 2020, 19:56
Motor/Getriebe/Antriebsstrang
Hallo Leute,
heute war ich in meinem "Außenlager" und habe den Boy-Motor geholt. Es ist ein 250er 1-Zylinder-Doppelkolbenmotor von Ilo mit 9, 9,5, 9,8, 10 PS (je nach Dokument).
Kupplungskäfig fehlt (ist defekt)
Anfang der 1980er Jahre war er noch einsatzfähig und lief gut. Die lange Lagerzeit (im Trockenen) ist offenbar recht gut an ihm vorüber gegangen.
Mit der Hand lässt er sich einwandfrei drehen und macht dabei fein "Puffpuffpuff", wenn man das tut.
So habe ich Hoffnung, dass ich ihn relativ schnell wieder zum Laufen bringen kann, wenn es soweit ist. Natürlich ist er verdreckt und muss gereinigt werden. Ich werde ihn auch zerlegen und von innen säubern, bevor er aus eigener Kraft wieder tuckern soll.
Ein Problem ist der Kupplungskäfig, der defekt ist. Da werde ich aber hoffentlich Ersatz in meinem Lager finden.
Ich will nun mal beginnen, die Einzelteile wieder an einem Lagerort zu vereinen, damit es losgehen kann.
Da ich den Boy und den FW zusammen in der Garage haben möchte, war ich neugierig auf den Motor.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mi 22 Dez 2021, 19:02 bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy '51 Fr 21 Aug 2020, 14:16
Motor/Getriebe/Antriebsstrang - Kupplung
Hallo Leute,
so langsam geht es in die Startlöcher. Ich bin dabei, die Teile des Boy's aus den verschiedenen Lagerorten wieder zusammenzuführen. Es ist nicht gut, ein Fahrzeug zu zerlegen und dann mehrere Jahrzehnte zu warten, bis sie wieder angefasst werden. Das war damals auch nicht so geplant, aber ich würde jedes Fahrzeug heute erst einmal komplett lassen, solange, bis es ernsthaft in Angriff genommen wird.
Ich habe hier die zerlegte Kupplung des Boy mal in Bildern gelistet:
Einzelteile Kupplung 1
Einzelteile Kupplung 2
Ich hatte zu dieser Kupplung vier gute Jurid-/Textar-Lamellen und vier Blech-Lamellen (Zwischenscheiben) gelagert. Die Lamellen sind quasi neuwertig.
Einzelteile Kupplung 3 - nur 7 defekte Stoßdämpfer-Gummis
Wie man auf dem letzten Foto sieht, sind von den Stoßdämpfer-Gummis nur noch 7 vorhanden, und die sind auch noch defekt. Also müssen die ersetzt werden. Dazu ist es erforderlich, Gummimaterial zu verwenden, das resistent gegen Mineralöle ist.
Andruckplatte
Die Nieten der Andruckplatte habe ich markiert, weil diese gern mal abscheren. Wenn es so wäre, dann wäre es ein großes Problem, aber diese sind noch völlig fest. Wenn die Nieten locker sind, ist das nur eine Frage der Zeit, bis sie ganz durch sind. Dann lässt sich die Kupplung nicht mehr öffnen, da das zentrale Gewinde beim Öffnen der Kupplung den Deckel mitdreht. Sehr dumm und aufwändig, wenn das passieren sollte!
Madenschraube?
Die Madenschraube oben kann ich nicht zuordnen. Gehört die wirklich zur Kupplung? Sie war bei mir mit den Kupplungsteilen verpackt. Aber ich habe keine Idee, wohin die gehört. Möglicherweise ist sie nur zufällig mit in den Karton geraten?
Ausrückbolzen mit Lager
Update: Die Madenschraube gehört nicht zur Kupplung!
Diese Teile werde ich nur reinigen. Das Lager macht einen guten Eindruck, wenn man sich den Dreck wegdenkt.
Andruckplatte von unten
Oben noch ein Bild der Andruckplatte. Man sieht hier deutlich die Nieten.
Kupplungskäfig innen
Oben sieht man den Kupplungskäfig. Die umrandeten Löcher dienen zur Befestigung des Bodenringes (Jurid) mit Hohlnieten (5x8). Die größeren Bohrungen nehmen die Verschraubungsnippel auf, mit denen die Kupplung durch die M7-Schrauben an dem Duplex-Kettenrad befestigt wird.
Kupplungskäfig außen mit vier Verschraubungsnippeln
Die Verschraubungsnippel sieht man hier deutlich, die in die Bohrungen des Duplex-Kettenrades gehören. Die anderen Bohrungen dienen zum Vernieten des Jurid-Bodenringes mit den Hohlnieten (5x8).
Unterseite des Jurid-Bodenringes mit den Resten der ausgebohrten Hohlnieten
Den Bodenring muss ich wieder neu festnieten. Man sieht hier die Rückseite. Die Vorderseite ist noch sehr gut.
Gegenplatte (Befestigungsplatte) zum Kupplungskäfig
Die Gegenplatte muss mit M7-Schrauben, die durch die Verschraubungsnippel des Käfigs geführt werden, befestigt werden. Die muss ich noch bestellen.
Die Kupplung hatte einen Lagerschaden. Ich hatte mal vor, an das Duplex-Kettenrad einen anderen Käfig zu montieren. Ansonsten sieht die Kupplung gut aus. Sie wird sicher bald wieder auf der Welle befestigt werden können.
Ich denke, dass diese Bilder für jeden, der an der Kupplung arbeiten muss, von Interesse sind.
Zuletzt von AbzweigLetter am Do 17 Aug 2023, 09:28 bearbeitet; insgesamt 13-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy '51 Fr 21 Aug 2020, 16:12
Motor/Getriebe/Antriebsstrang - Kupplung
Hallo Leute,
ich will es ab jetzt mal so machen, wie beim FW und nach Themen gruppieren. Vorbild ist der originale Boy-Teilekatalog.
Hier noch ein Nachtrag zur Kupplung:
Ich war am Grübeln, um was für ein Gewinde es sich bei der Befestigungsplatte handelt (4 Bohrungen mit Gewinde).
Bohrungen mit Gewinde in Befestigungsplatte
Zum Glück hatte ich einen seltenen Gewindebohrer M7x1,0 in meinem Fundus gefunden. Der passt 100%ig, wie Ihr hier sehen könnt.
Vier Bohrungen M7x1,0 in der Befestigungsplatte
Ich musste nichts nachschneiden. Den Gewindebohrer habe ich nur zum Testen verwendet.
Nun muss ich mir noch 4 passende Schrauben besorgen. Die müssen natürlich von hoher Festigkeit sein. Mal sehen, wo man so etwas bekommen kann.
ACHTUNG: Auch aus dem originalen Boy-Teilekatalog geht das Maß der Schrauben nicht hervor! Ich habe nachgemessen und nun M7x25 mit Festigkeit 12.9 bestellt, allerdings Imbus. Schlitzschrauben (Zylinder), wie original, habe ich nicht gefunden.
Zuletzt von AbzweigLetter am Do 17 Aug 2023, 09:31 bearbeitet; insgesamt 4-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Suche Auspuffkrümmer Doppelkolbenmotor Sa 29 Aug 2020, 15:57
Suche Auspuffkrümmer Doppelkolbenmotor sowie keine Bremspedal, Pedalwelle, Handbremshebel mehr - die habe ich nun gefunden
Hallo Leute, ich muss Euch mal wieder eine kleine Geschichte erzählen:
Ich hatte in den 1980ern zusammen mit zwei weiteren Oldtimer-Fans eine größere Scheune gemietet. Die großen grünen Scheunentore waren immer unverschlossen, sie wurden nur zugeschoben und mit einem Keil verriegelt. Schlüssel oder Schloß gab es nicht. Hin und wieder war dort ein Schrottsammler zu sehen, der offenbar mit der Bäuerin gut bekannt war. Der Mann fuhr damals einen VW T2 in Natoolivgrün. Wie gesagt - er war öfters dort und ich dachte mir nichts Böses.
Die ausgebauten Teile hatte ich schön geordnet in einem Regal liegen. Ich hatte keine Angst, dass dort irgendetwas passieren könnte.
Doch eines Tages kam ich zum Schrauben in die Scheune und fiel vor Schreck fast auf den Rücken! Die Gegenstände in den Regalen wiesen Lücken auf, die nicht von mir stammten. Tatsächlich war "eingebrochen" worden.
Es fehlten wichtige Teile von meinem 1951er Boy. Das waren
Der Kühler (habe ich wieder) Der Lenkzapfen (verwende ich vom Hanseaten) Das Bremspedal mit Pedalwelle und Handbremshebel habe ich wieder (Dank an Tempohausen)! Krümmer (Wanted!)
Nach Rücksprache mit der Bäuerin fuhr ich zur Polizei - diese verwies mich weiter an die Kriminalpolizei in Bückeburg. Tatsächlich fuhr ich dann mit einem waschechten Kriminalkommissar nach Bückeburg zu dem Schrottfritzen. Der hatte aber bereits sämtliche Teile - bis auf den Kühler - an einen Schrotthändler am Lindener Hafen in Hannover verkauft!
Den Kühler hatte ich also nun wieder. Gemeinsam mit dem Kriminalbeamten und dem Dieb fuhren wir dann nach Linden, aber die Teile waren - wie erwartet - nicht mehr auffindbar.
Einen Lenkzapfen hatte ich hier noch als Ersatz liegen - allerdings vom Hanseaten (passt, aber würde ich gern tauschen wollen). Der Hanseat-Lenkzapfen hat eine Aufnahme für den Stoßdämpfer. Der Boy hat keinen Stoßdämpfer, aber bereits die Doppelfederung. Dann muss ich eben erst einmal den Hanseat-Lenkzapfen verwenden.
Bremspedal mit Pedalwelle und Handbremshebel habe ich inzwischen wieder (aus Tempohausen). Kann mir jemand helfen?
Das Unglück mit dem Auspuffkrümmer ist mir erst jetzt wieder eingefallen, nachdem ich nun die Teile wieder zusammensuche. Es ist die Version für den Ilo-Doppelkolbenmotor. Lt. Ersatzteilliste ist die 200er und 250er Version identisch. Kann mir jemand helfen?
Es wäre schön, wenn jemand diese Teile in seinem Fundus hätte und nicht gebrauchen kann...
Zuletzt von AbzweigLetter am Do 17 Aug 2023, 09:37 bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Di 15 Sep 2020, 17:55
Aufbau (Pritsche)
Hallo Leute,
ich habe heute schon mal eine Flachte der Pritsche mit dem Schutzblech vom Schuppen in die Garage geholt.
Flachte (2 Meter) von meinem Tempo Boy
Dass die mal von der Spedition Biewendt weinrot übergetüncht war, sieht man auf diesem Foto auch nicht mehr. Sieht grau aus. Die alte originale Lackierung war Tempo-Grün (RAL6000 Patinagrün/"Gartenzaungrün"). Flachte (2 Meter) von meinem Tempo Boy
Es ist die Fahrerseite. Das Schutzblech ist noch ein originales von Tempo. Man sieht es an den zusätzlichen Befestigungsblechen, hinter denen oft der Rost blüht. Die Fallhaken sind leider - wie meistens - verstümmelt worden. Ich habe hier allerdings noch zwei unverstümmelte liegen. Die Beifahrerseite ist in ähnlichem Zustand, aber noch im Schuppen.
Schutzblech
Das originale Schutzblech ist rostig, aber stabil und hat keine Löcher. Ich werde es wiederverwenden. Es wird nur gestrahlt, und leicht gerichtet. Ich mag es, wenn die alten Fahrzeuge von ihrer Vergangenheit erzählen können. Da dürfen auch gern ein paar ehrlich erworbene Dellen im Schutzblech dabei sein.
Ich weiß, dass ich mit meiner Meinung wohl ziemlich einsam dastehe...
Bretter
Die Bretter entsprechen handelsüblichem Rauspund oder Hobeldielen, wie sie heute noch zu bekommen wären - mit angephasten Kanten. Lediglich die Maße wären als Information wichtig. Das geht leider aus dem Teile-Katalog nicht hervor. Ich werde beschädigte Bretter austauschen, alles schleifen, dann wieder lackieren. Lasierte Pritschen in Naturfarbe kenne ich nur aus Holland. Das war früher in Deutschland unüblich. Ausnahmen sind Viehwagen, Woodies, frühe DKW-Schnellaster- und Lloyd LT-Pritschen in Fachwerk- und Sperrholzbauweise.
Eigentlich sollten vier Bretter vorhanden sein (Tiefpritsche).
Die Bretter haben verschiedene Maße, was ich für original halte: 1. Unten 12 cm 2. Untere Mitte 13 cm (=25 cm) 3. Obere Mitte 13 cm (=38 cm) 4. Oben 13 cm?
Da obere (4.) Brett fehlt und ich kann es deshalb nicht nachmessen. Es dürfte aber wohl auch 13 cm haben. Es ist das obere Brett, das bei den Tiefpritschen nach hinten immer 45 Grad abgeschrägt ist. Dass das untere Brett 1 cm schmaler ist, liegt m. E. daran, dass die Nut vor dem Einbau entfernt wurde.
Das obere Brett fehlt deswegen, weil die Pritsche bei Biewendt umgebaut wurde. Über den Kotflügeln war eine "Sitzfläche", das obere Brett wurde nach außen verlegt (siehe Fotos oben). Dabei wurden auch die Beschläge abgeflext und Winkel angeschweißt. Da ist nichts mehr original. Wenigstens die originalen Fallhakenkeile haben noch überlebt.
Die Pritsche meines Boy's hatte keine U-Profile auf den Kanten. Vermutlich sind die auch bei dem Biewendt-Umbau wegen der seitlichen "Sitzflächen" entfernt worden. Oder hatte man die beim Boy serienmäßig eingespart? Die hintere Klappe könnte Aufschluß dazu geben. Update: Kann sie nicht! Sie ist nicht mehr im Originalzustand und hat irgendwann (falsche) neue Bretter bekommen. Vielleicht zusammen mit dem Biewendt-Umbau? Auf alten Boy-Werksfotos sieht man z. T. allerdings auch eine Metallkante an den Flachten (U-Profil).
Zuletzt von AbzweigLetter am Do 17 Aug 2023, 09:46 bearbeitet; insgesamt 9-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Do 24 Sep 2020, 19:14
Fahrgestell/Bremsen
Hallo Leute,
ich bin noch nicht ganz fertig mit meiner Arbeitsumgebung. Aber es juckt mir immer wieder in den Fingern. Ich komme nur manchmal dazu, mich mit den eigentlichen "Stars" zu befassen.
Heute habe ich die beiden Halbachsen eines "Stars" aus dem Schuppen geholt, die seit den frühen 1990er Jahren in einer finsteren Ecke im Hozschuppen standen.
Beide Halbachsen im "Fundzustand"
Der Dreirad-Spezialist erkennt sofort, dass es sich noch um breite Vorkriegsachsen handelt, die im Gesenk geschmiedet wurden. Spätere Ausführungen waren Rohrachsen. Die beiden Spiralfedern jedoch gehören genau so an diesen Tempo Boy. Es ist ein Fingerzeig auf die "neue Zeit". Vorkriegsmodelle hatten noch Evolut- oder Tonnen-Federn, die aus Flachmaterial aufgewickelt wurden.
Mein Ziel (ich habe es heute nicht erreicht) für heute war eigentlich, die Federn abzunehmen und die Bremstrommeln samt Innenleben zu entfernen. Nun muß das warten, denn ich bin ab jetzt im Urlaub.
Hier noch ein Bild der Halbachse der Fahrerseite mit Feder und Bremstrommel (sollen ausgebaut werden):
Halbachse Fahrerseite mit Feder und Bremstrommel
Ein Problemteil ist die Verstärkung der Verstrebung. Dort ist die gepresste U-Verstrebung mit einem aufgeschweißten Verstärkungsblech versehen. Wie soll ich den dahinter blühenden Rost entfernen?
Verstärkungsblech an Hinterachse
Noch habe ich keine Entscheidung getroffen, aber ich denke daran, das Verstärkungsblech aufzuschneiden und erst danach die Achse dem Sandstrahler zu überlassen. Das Verstärkungsblech kann man nachformen und dann wieder einschweißen. Wer hat bessere Erfahrungen?
Ein (für mich jedenfalls) interessantes Detail sind die doppelten Verstärkungen der Achse für Feder-Bohrungen.
Zwei Verstärkungen auf einer Halbachse für Federbohrungen
Ich benötige nur die äußeren Verstärkungen (blau), da ich eine breite Traverse für die Hinterachse habe. Aber, die ungenutzten Verstärkungen (rot) sitzen genau da, wo man bei einer schmalen Traverse die breite Hinterachse einbauen könnte!!! Gab es wirklich solche Sonderlinge, die von Tempo auch so gebaut wurden? Da könnte man ja auch auf die Idee kommen, auf der einen Seite die schmale Halbachse, auf der anderen Seite jedoch die breite Halbachse einzubauen. Das würde bei der schmalen Traverse sogar funktionieren. Das ist schon ziemlich bis sehr seltsam!
Wie man oben sieht, ist es mir nicht gelungen, die Schraube für die Federbefestigung einwandfrei zu entfernen - weder auf der Fahrer- noch auf der Beifahrerseite. Die Schrauben sitzen in der Achse bombenfest - festgerostet. Es gibt nur die Möglichkeit, die Schrauben in der Achse auszubohren. Wenigstens Federn und Federteller wurden unversehrt gerettet - es ist also nix Schlimmes!
Zuletzt von AbzweigLetter am Do 17 Aug 2023, 09:51 bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Do 24 Sep 2020, 20:39
Bremsanlage
Hallo Leute,
dann haben wir noch das Bremsseil. Ich habe noch die Vorkriegsversion des Bremsseils. Das war eine Hülle/Bremsseilrohr aus Metall (Meterware) und die Sehne/Bremsseil getrennte Meterware - nicht wie bei späteren Bremsseilen komplett.
Bremsseil in meinem 1951er Boy
Ich weiß noch nicht, ob ich ein "normales" Bremsseil einbaue, oder wieder diese alte Konstruktion. Habe darüber schon mit dem Nobby diskutiert und werde sicherlich nochmals diskutieren. Es ist ja noch Zeit - bis dahin.
In diesem Zusammenhang nochmals meine Frage: Hat von Euch jemand das alte Pedalwerk samt Handbremshebel "herumliegen"? ERLEDIGT: ICH HABE DIE PEDALE GEFUNDEN (in Tempohausen)!!!
Zuletzt von AbzweigLetter am Do 17 Aug 2023, 09:52 bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 25 Sep 2020, 12:13
Bremsanlage
Hallo Leute,
es geht erst heute in der Nacht in den Urlaub, deshalb nochmals zu den Bremsseilen.
Ja - tatsächlich hatte der Tempo Boy 1951 noch die Bremsseile als Meterware. Damit habe ich bisher überhaupt keine Erfahrungen. Motorrad-Restaurateure wissen schon eher, wie man sich Bremsseile aus Meterware selbst anfertigt - wir werden sehen.
Als Information hier ein Foto aus dem Ersatzteile-Katalog Tempo Boy (März 1952):
Bremsseil und Bremsseilrohr getrennt
Ich bin gespannt, ob es diese notwendigen Teile überhaupt noch so zu kaufen gibt. Gut, dass die Abmessungen angegeben sind!
Zuletzt von AbzweigLetter am So 03 Okt 2021, 09:43 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 25 Sep 2020, 12:53
Bremse
Hallo Leute, um die Bremstrommeln an meiner Dreikantfeile "Borgward FW200" abzuziehen, hatte ich mir diesen Universal-Radnabenabzieher besorgt: Universal-Radnabenabzieher
Der hatte bei dem Borgward (Goliath) wunderbar funktioniert. Da Tempo die gleichen Lochabstände hat, bin ich erst gar nicht auf die Idee gekommen, hier auf Schwierigkeiten zu stoßen. Nun sind sie aber da! Eine der beiden hinteren Bremstrommeln ist fest und ich muss sie abziehen.
Der Universal-Radnabenabzieher ist, so wie er ist, erst einmal unbrauchbar für das Dreirad. Der Grund sind die Naben selbst. Es ist nicht genügend Luft zwischen den Bolzen und der dicken Nabe. Man bekommt die Gabeln in der notwendigen Anordnung gar nicht auf die Bolzen!
So funktoniert's nicht! Die Gabeln sind nicht in Richtung Nabe drehbar
Es gibt aber eine Lösung, die ich noch nicht testen konnte: Man muss die Bolzen verlängern! Dazu benötigt man 8 Radmuttern und 4 Stehbolzen M14x1,5. 4 Radmuttern werden zur Hälfte auf die vorhandenen Bolzen geschraubt. Dann werden die 4 Stehbolzen in diese Muttern bündig eingeschraubt. Nun sind die Bolzen insgesamt lang genug und die Nabe stört nicht mehr. Nun können die 4 Gabeln des Abziehers mit den restlichen 4 Radmuttern aufgeschraubt und ausgerichtet werden. Der Abzieher ist nun einsatzbereit!
Möglicherweise müssen anstatt der Radmuttern besser Langmuttern verwendet werden um mehr Überlappung zu haben. Das ist aber wieder Spezial-Kram. Ob die in den passenden Abmessungen M14x1,5 lieferbar sind, ist fraglich...
Da ich keine passenden Stehbolzen habe, muss ich mir die besorgen. Erst dann kann ich meine Idee testen. Natürlich werde ich dann auch schreiben, ob es geklappt hat.
Außerdem könnte man anstatt der 8 Radmuttern und 4 Stehbolzen auch 4 Radmuttern und 4 Schrauben verwenden.
Zuletzt von AbzweigLetter am So 03 Okt 2021, 09:43 bearbeitet; insgesamt 6-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 25 Sep 2020, 13:15
Fahrwerk
Hallo Leute,
und noch etwas, was eigentlich in die Rubrik "Schraubertipps" gehört.
Folgendes Problem: Die Radbolzen der Hinterachse sind völlig verrostet. Man kann natürlich mit der Drahtbürste beigehen und durch mühsames Aufwürgen der Radmuttern versuchen, die Gewinde wieder gängig zu machen. Aber das gefällt mir schon allein von der Idee nicht, da ich kein Freund von "aufgewürgtem" Gewinde bin. Außerdem ist der Kraftaufwand erheblich und es dauert ziemlich lange.
Bremstrommel mit verrosteten Bolzen - nicht gängig
Wie aber nun mit einem passenden Gewindeschneider M14x1,5 das Gewinde nachschneiden ohne Gefahr zu laufen, ein doppeltes Gewinde zu schneiden? Die Gefahr ist groß, vor allem, wenn der Beginn des Gewindes nicht gängig ist oder nicht richtig angesetzt wird. Dann schneidet man leicht daneben und das Ergebnis ist nicht reparabel: Doppeltes Gewinde.
Die Lösung für dieses Problem war bei mir ein Spezialwerkzeug, das mir beim "Googlen" aufgefallen ist.
Gewindeschneider-Satz zum Radbolzen nachschneiden
Der Witz dabei ist, dass das Schneidwerkzeug nicht, wie üblich, aus einem Stück besteht, sondern aus zwei Hälften. Es sind also zwei "Halbkreise", die über eine spezielle Halterung zum Schneiden miteinander verbunden werden. Deshalb kann man das Werkzeug auf ein Stück intaktes Gewinde aufsetzen und dann von dort aus das Gewinde nach oben oder unten nachschneiden. Es schneidet nicht so tief, wie ein "normales" Schneidwerkzeug, aber das Gewinde ist danach wieder gängig. Der beengte Platz zwischen Radbolzen und Nabe ist ausreichend, da eine spezielle platzsparende Halterung/Spindel beiliegt. Diese wird über eine handelübliche Ratsche angetrieben. Nun könnte man - wenn man es will - auch ein normales Schneidwerkzeug richtig aufsetzen und nochmals tiefer nachschneiden, wenn man eine passende Halterung für das Schneideisen hat, die an der Nabe vorbeipasst. Die Gefahr eines doppelten Gewindes ist damit gebannt.
Auch, wenn das Gewinde am Anfang vermuckelt ist, kann mit diesem speziellen Schneidwerkzeug nachgeschnitten werden, da man auch in der Mitte des Gewindes ansetzen kann. Dann ist es auch möglich, nach oben oder unten zu schneiden und die vermuckelte Stelle zu reparieren, ohne ein doppeltes Gewinde zu riskieren.
Zuletzt von AbzweigLetter am So 03 Okt 2021, 09:44 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
Gerschen Geselle
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Thema: Re: Tempo Boy 1951 Fr 25 Sep 2020, 19:28
Ich bin nach wie vor fasziniert von den technischen Hilfsmitteln, die uns so zur Verfügung stehen. Als "gelernter" Ossi ist natürlich mein erster Gedanke: Wie kannst Du das Problem selbst lösen. Und da reichen mir abgewinkelte Flacheisen mit Bohrungen und einem angeschweißtem Querjoch mit Feingewindemutter und Schraube als Abzieher. Ich weis natürlich, daß man nicht alles selber machen kann und muß, aber kaufen hat eben auch so seine Tücken. Eigentlich wollte ich aber was zum Aufbessern der Radbolzen sagen. Ich bin kein Experte für Materialeigenschaften, eine alte Schraube wird aber im Laufe ihres rostigen Lebens nicht besser und wenn künftig mit dem Dreirad auch keine Rennen gefahren werden, so sind Radbolzen sicherheitsrelevant. Ich habe mir bei TEMPO, GOLIATH und TEMPO-Restaurierungen die Radbolzen sehr genau auf die noch vorhandenen Gewindegänge angeschaut, auf Originalität gepfiffen und die alten gegen neue Bolzen getauscht. Ich habe bei allen Dreirädern so um die zwanzig Trommeln in der Hand gehabt. Manche waren innen noch original vernietet bzw. angestaucht, die meisten nachträglich punktuell oder flächig verschweisst. Was ja mit dem Grundmaterial Stahlguß bedingt möglich ist. Aufbohren von innen mit Bedacht geht schnell, das Lösen durch Hineinschrauben mit Caramba- und etwas Wärmebehandlung auch. Bei der Wahl der Bolzen habe ich einfach Schrauben mit hoher Güte, z.B. 10.2 genommen, vernietet und mit einem Mini-Schweißpunkt, obwohl unnötig, zusätzlich gesichert. Die neuen Bolzen haben nun noch den zusätzlichen Vorteil, daß zusammen mit einer neuen Mutter das Ganze ordentlich angezogen werden kann, ohne das ein Bauteil dank schlechterer Eigenschaften den Kürzeren zieht. Das zu meinen Erfahrungen mit dem Bolzen des Rades. Gruß Gerschen
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Re: Tempo Boy 1951 Sa 26 Sep 2020, 01:14
Hallo Gerschen, natürlich hast Du recht. Ein Radbolzen ist sicherheitsrelevant.
Vor dem Krieg wurden bei Tempo einfach wirkende Bremsen mit Alu-Backen und gepresste Blechtrommeln verwendet. Bei Deinem Tempo wird wohl noch diese alte Konstruktion (Simplex) eingebaut sein. Vor diesen Blechtrommeln habe ich gehörig Respekt. Habe schon mehrmals gehört, dass die verzogen sind und dadurch die Bremse sehr schwer einstellbar ist. Aber so einen Wagen habe ich nicht. Bei Deinem Goliath F wirst Du Einschlagbolzen haben. Der Goliath hat ja, wie auch später Tempo, Gusstrommeln. Allerdings steht die Nabe außen nicht heraus. Ich hoffe, dass Du Dein Trommelproblem beim Goliath lösen konntest. Auch ich musste zwangsweise bei meinem FW einen Einschlagbolzen ersetzen.
Nach dem Krieg haben Tempo-Wagen die Duplex-Perrot-Bremse mit Trommeln aus Guss. Die Radbolzen sind Schrauben mit flachem Sechskant-Kopf, die von innen mit einem Sicherungsblech gegen Verdrehen gesichert sind. Die sind natürlich einstmals neu in die Gewindelöcher der Gusstrommel hineingedreht worden. Wollte ich die Schrauben/Bolzen tauschen (will ich nur, wenn ich Sicherheitsmängel sehe), dann müssten sie herausgedreht werden. Das geht auch nur vernünftig, wenn das Gewinde gängig ist. Auch Schrauben mit vermuckeltem Gewinde bekommst Du nicht sauber aus der Trommel. Die könnte man abflexen und hoffen, dass sich der Rest löst und nichts unwiederbringlich zerstört wird.
Die Gewinde an meinen Trommeln sehen auf dem Foto schlechter aus, als sie wirklich sind. Ich werde bei Gelegenheit noch Nahaufnahmen "nach der Behandlung" mit dem Schneidwerkzeug zeigen. Das geht aber die nächste Zeit nicht, da ich nicht im Lande bin. Die Sicherheit ist m. E. gewährleistet.
Ob die Sicherungsbleche innen noch ihren Zweck erfüllen, kann ich erst prüfen, wenn die Trommeln entfernt sind. Sollte das nicht der Fall sein, so werde ich auch gleichzeitig die Schrauben austauschen. Einen Schraubenkopf kann man flach schleifen.
Der Abzieher ist m. E. eigentlich wirkungsvoll, wie der Einsatz an den Goliath-Trommeln gezeigt hat. Ich werde es erst einmal mit der geplanten Verlängerung der Bolzen durch Schrauben versuchen. Habe heute schon mal gegooglet, was es gibt. Hochfeste Schrauben mit Gewinde M14x1,5 sind lieferbar, Gewindemuffen/Langmuttern mit entsprechendem Feingewinde konnte ich nicht finden. Jedoch gibt es längere offene Radmuttern mit diesem Gewinde. Wenn die "normalen" Muttern nicht ausreichen, kann ich es auch damit versuchen.
Ein stabiler Eigenbau-Abzieher hat natürlich auch was für sich. Die Idee wird im Hinterkopf gespeichert und bei Bedarf angewandt.
Ich könnte mir vorstellen, dass ich bei der vorderen Nabe/Trommel mit dem Universal-Abzieher an Grenzen stoße, da die Nabe auf dem Konus oft "bombenfest" sitzt. Wir werden sehen, ob dieser Abzieher dafür auch ausreichen wird.
Die vordere Nabe mit Trommel besteht aus zwei Teilen. Nabe und Trommel sind getrennt. Nabe ist ein Schmiedeteil, Trommel aus Guss. Mangels Spezial- bzw. Eigenbau-Abzieher hatte ich damals einen soliden Zweipunkt-Abzieher verwendet, den ich noch habe.
Bei meinem 1956er Hanseat ging damals das Abziehen der vorderen Nabe mit getrennter Trommel recht gut und war mit einigen Schlägen auf den Kopf des Zweiarm-Abziehers erledigt. Mit lautem Knall hatte sich die Nabe gelöst.
Bei meinen 1951er Hanseat war das Knochenarbeit! Den Sechskant der Spindel des Abziehers habe ich damals plattgeklopft, bis sich endlich die Nabe gelöst hat.
In diesem Zusammenhang noch zwei Hinweise an Leute, die erstmals die vordere Nabe abziehen wollen: Ich habe damals den Abzieher am "Kranz" der Nabe vor der Trommel angesetzt. Das ist eigentlich Pfusch, da die Gefahr besteht, dass der äußere Kranz der Nabe dabei verbiegt oder abbricht, obwohl es ein Schmiedeteil ist. Ich habe in der Vergangenheit schon solche Naben gesehen... Es ist immer besser, den Abzieher an den Bolzen zu verankern, was aber auch nur möglich ist, wenn die Gewinde dort gängig sind!
Dadurch, dass die vordere Nabe "bombenfest" auf dem Konus sitzen kann, wirken dort sehr hohe Kräfte. Beim Lösen der Nabe entlädt sich diese Kraft blitzschnell und mit einem Knall. Dabei kann die Nabe samt Trommel und Abzieher weggeschleudert werden. Das kann zu Beschädigungen und sogar zu bösen Verletzungen führen (Knochenbrüche z. B.). Im originale Tempo-Reparaturhandbuch steht deshalb explizit der Hinweis, dass beim Abziehen die zentrale Kronenmutter nicht komplett heruntergeschraubt sein darf. Sie soll nur einige Windungen aufgemacht werden. Wenn die Nabe "wegfliegen" will, dann wird sie auf diese Weise von der Kronenmutter daran gehindert.
Zuletzt von AbzweigLetter am Do 17 Aug 2023, 09:58 bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet
jcolberg Ingenieur
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Thema: Re: Tempo Boy 1951 So 27 Sep 2020, 13:22
Hallo Uwe,
danke für den letzten Absatz. Das steht mir auch noch bevor. Mein Fahrzeug wurde mit angezogener Handbremse abgestellt. Hinten lagen die Beläge an, die Räder ließen sich mit viel Kraft noch drehen. Vorne ist zwar alles frei, sitzt aber bombenfest auf dem Konus.
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Mi 21 Okt 2020, 15:31
Motor/Getriebe/Kupplung
Hier ein paar Fotos meines Deckels für den "Kleinen Kettenkasten" - Tempo-Teilenummer 21-1-62 (Kupplungsdeckel).
Dass der rot aussieht, liegt daran, dass das ursprünglich grüne Fahrzeug mal mit Weinrot übergetüncht wurde. Da hat man keine Rücksicht auf die Kühlluftschlitze der Motorhaube genommen und einfach drauflos gespritzt. Da ging der Sprühnebel natürlich auch nach innen. Das ist aber kein Problem, muss ja sowieso gereinigt werden.
Der ist doch noch richtig prima!
Oder vielleicht doch nicht????
Deckel für Kleinen Kettenkasten/Kupplung
Ich will auf die innere Beschädigung des Kettenkasten durch die Antriebskette hinaus. Man sieht hier deutlich, was eine schlecht gespannte oder ausgeleierte Kette anrichten kann. Wie mit einer Kettensäge wurden die Befestigungsbohrungen im Gehäuse durchgesägt. Es sind richtige Löcher vorhanden!
Schleifspuren der Kette oben und unten
Das muss vor dem Einbau natürlich repariert werden - so kann das keinesfalls bleiben. Ich denke an eine Reparatur mit gutem 2K-Epoxidharz-Kleber oder Flüssigmetall. Flüssigmetall ist ja auch auf Epoxidharz-Basis. Epoxidharz ist beständig gegen Mineralöle. Dazu müssen Innenseite und besonders die Reparaturstellen sehr gut gereinigt und von Öl befreit sein, sonst haftet das nicht. Auch die nach innen weisenden Dichtflächen um die Schrauben-Bohrungen müssen wieder hergestellt werden. Warum? Weil hier die Ölfüllung durch die Schleiflöcher nach außen läuft und über die Befestigungsschrauben austritt (Undichtigkeit). Es reicht nicht aus, wenn nur die äußere umlaufende Dichtfläche in Ordnung ist!
Wenn also bei Euch Ölverlust im "Kleinen Kettenkasten" auftritt, so solltet Ihr Euch mal die Befestigungschrauben (vor allem unten) ansehen und prüfen, ob die Schraubenköpfe dort ölig sind. Das ist auf jeden Fall ein Indiz für eine weitgehende innere Beschädigung des Deckels durch eine schlechte Kettenspannung oder durch eine ausgeleierte Kette.
Das Spannen der Kette erfolgt lt. Tempo-Reparaturhandbuch durch Zwischenlegen weiterer Papierdichtungen zwischen Getriebe und Motor (Flanschdichtungen). Dadurch spannt sich die Kette. Das ist aber nur im begrenztem Rahmen und nicht bis in alle Ewigkeit möglich! Aber, es kann u. U. auch bei Einbau einer neuen Kette notwendig werden.
Die Kette sollte richtigerweise nicht stramm laufen, aber auch nicht durchhängen - so ist es richtig.
Ketten weiten sich im Betrieb und es kann möglich sein, dass sie nachgespannt werden müssen Alte Ketten, die sich "verwinden" lassen (Handprüfung), sollten ausgetauscht werden - die sind verschlissen. Gute Ketten lassen sich nicht (mit Spiel) längs mit der Hand hin- und herdrehen. Ein sehr geringes Spiel ist jedoch tolerierbar. Da muss man auch etwas Gefühl für haben und Erfahrung, um das zu prüfen.
Noch etwas dazu: Wenn Ihr wollt, dass Eure frisch gespannte Kette lange lebt (und natürlich auch die Kettenräder), dann müsst Ihr auch unbedingt auf die Flucht zwischen den Kettenrädern achten. Beim Einbau des Kettenrades (Motorseite) sind i. d. R. immer Abstandsscheiben zu verwenden, bis die beiden Kettenräder (Motor-Kupplung) genau in einer Linie laufen. Ketten können nun einmal nicht um die Ecke laufen und auch keine Haken schlagen!
Zuletzt von AbzweigLetter am So 03 Okt 2021, 09:45 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 So 08 Nov 2020, 14:46
Fahrgestell
Hinterfedern
Vom Sandstrahler zurück! - aber leider noch nicht das komplette Fahrwerk.
Es ist nicht mehr die Jahreszeit, um in meinem Alter in einer ungeheizten Garage zu schrauben. Aber ich habe ein paar Teile dem Sandstrahler überlassen.
Teile, die vom Sandstrahlen kommen, sind äußerst anfällig gegen neuen Rost. Manchmal bildet sich auf sandgestrahlten Flächen neuer Flugrost schneller, als man gucken kann. Deshalb müssen solche Teile zeitnah gegen Rost geschützt werden. Man sollte es besser auch zu einer Jahreszeit machen, in der es noch nicht zu kalt für (einfache) Lackierarbeiten ist. Das schöne Wetter der letzten Tage (hier bei uns) kommt mir da gerade recht.
Gestrahlte Federn und Federteller habe ich mit Zinkgrundierung gespritzt und dann neu lackiert. Nun kommen sie in das Regal für einbaufertige Teile. Man sieht deutlich die Rostnarben, aber damit muss man leben.
Beide Federn Hinterachse (24-4-1) aufgearbeitet
Im Gegensatz zum 1951er Hanseat hat der 1951er Boy hinten je Halbachse nur eine Feder.
Federteller (112-3-13) "neu" und "Fundzustand"
Die Befestigungsscheiben für die Federn (Federteller/Federklammern) sind vorhanden und auch einbaufertig. Es werden 2 Stück je Feder benötigt, also insgesamt 4 Stück für die Hinterachse. Ich habe noch ein paar weitere dieser Federteller in Reserve und hoffe, dass die auch für die Vorderfedern passen, obwohl die Teilenummer vorn (43-2-55) eine andere ist.
Als nächster Schritt käme nun das Strahlen der beiden Hinterachshälften. Dazu muss jedoch noch ein bisschen vorbereitet werden: - Entfernen der "Schraubenstummel". Ich hatte die Schrauben nicht aus der Achse bekommen. - Entfernen der Verstärkungsbleche - Schützen der Achswellen vor dem Sandstrahl. Die dürfen natürlich nicht gestrahlt werden.
Halbachse Fahrerseite
Stummel der Befestigungsschrauben in der Halbachse (Oberseite)
Man glaubt es kaum, wie fest die Reste der Befestigungsschrauben (M10x80 DIN 931) in der Achse festgerostet sind! Da hilft kein Kloppen mit dem Mottek - da hilft nur Ausbohren.
Stummel abgeflext in der Achse (Unterseite)
Ich habe es erst einmal angekörnt und dann händisch den Bohrer angesetzt. Ich war erschrocken, wie wenig sich die Schraube von einem handelsüblichen Baumarkt-HSS-Bohrer (5 mm) beeindrucken lässt. Ich bin kaum voran gekommen. Allerdings gebe ich zu, dass der Bohrer möglicherweise schon etwas stumpf war und geschärft werden müsste.
Begonnene Bohrung mit besserem Bohrwerkzeug
Deshalb habe ich auf hochwertige Bohrer umgestellt und komme nun ganz gut voran - mit Geduld. Es kann sich nur noch um Tage handeln. Morgen soll ja nochmal die Sonne scheinen... Die originale Tempo-Unterlegscheibe, die man dort sieht, wird natürlich entrostet und selbstverständlich wieder eingebaut!
Halbachse Fahrerseite
Wenn nur kein Bohrer beim freihändigen Bohren im Loch abbricht! Das wäre das Schlimmste, was passieren könnte!
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 11 Dez 2023, 15:20 bearbeitet; insgesamt 7-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Mo 09 Nov 2020, 09:14
Fahrwerk
Passiert! Hätt' ich es man nicht beschrien, gestern!
Abgebrochener 6 mm-Bohrer
Der gute Bohrer (6 mm) ist tatsächlich gebrochen und in der Bohrung stecken geblieben. Glück im Unglück war, dass ich die Bohrung von beiden Seiten der Achse (unten und oben) angesetzt hatte und von der anderen Seite bereits bis über die Mitte war. Aber das genau könnte die Ursache gewesen sein, denn es ist passiert, als ich die andere Bohrung erreicht hatte.
So konnte ich aber wenigstens von der anderen Seite nachhelfen und den Bohrerstummel herausschlagen. Wäre der Bohrer gebrochen, bevor ich durchgewesen wäre, so wäre das schon ein sehr viel größeres Unglück gewesen. Wer schon einmal ein solch tiefes Loch ausgebohrt hat, der kennt das Problem. Es ist wohl nahezu unmöglich, eine Schraube oder eine Achse auszubohren, die härter als das Material ist, in dem sie steckt. Wenn man abrutscht, dann hat man verloren. Und gerade ein Hartmetallbohrer kann sicher mit keinem anderen Werkzeug aus einer Sackbohrung entfernt werden, wenn man nirgends ansetzen kann. Oder hat da jemand andere Erfahrung? Welche? Tipp!
Nun habe ich aber noch die andere Achse, wo ich ebenfalls ausbohren muss! Hoffentlich passiert mir nicht dasselbe nochmal. Dann wird es sicherlich nicht so gut enden.
Bohrung von beiden Seiten - deshalb mit Versatz
Normalerweise sollte man immer nur von einer Seite ausbohren, da man sich sicher niemals genau in der Mitte treffen wird. Es könnte sogar sein, dass man sich in der Mitte gar nicht trifft, wenn die Maschine nicht genau gerade ausgerichtet ist. Das wird auf jeden Fall sogar beim Bohren mit einer Turmbohrmaschine passieren, wenn man von beiden Seiten ansetzt. Ich habe freihändig gearbeitet. Ein Versatz ist so oder so auf jeden Fall nicht zu vermeiden.
Bin durch (bei einer Halbachse)!
Zum erweiternden Aufbohren verwende ich nun normale HSS-Bohrer.
Das ist nun der 8er - nun muss ich noch auf 10er Bohrung
Ich hatte aber mit dem "dünnen" 6 mm-Bohrer begonnen und will langsam auf 10 mm erweitern. Die nächst größere Bohrung nach dem erfolgreichen Entfernen des Bruchstücks war dann mit dem 8er. Diese Bohrung habe ich natürlich nun nur von einer Seite durchgeführt. Es muss eine Schraube durch, und die kann ja nicht um die Ecke gesteckt werden. Es darf kein Versatz sein.
8 mm sind erreicht - ohne Versatz
Da hatte ich gestern noch ganz schön Arbeit und vor allem Streß, wegen des Werkzeugbruchs. Nun muss ich aber nur noch auf 10 mm erweitern, dann ist das Befestigungsloch für eine Seite fertig.
Dann kommt aber nochmals dieselbe Arbeit an der anderen Halbachse. Heute ist es noch recht diesig. Hoffentlich hält sich das Wetter, denn ich möchte es wieder draußen machen.
Leider habe ich nun keinen so guten 6 mm-Bohrer mehr und muss wieder den 6er HSS verwenden. Den werde ich aber nun vorher anschleifen, damit er auch zieht.
Zuletzt von AbzweigLetter am So 03 Okt 2021, 09:47 bearbeitet; insgesamt 4-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Di 10 Nov 2020, 03:13
Fahrwerk
Man kann nicht so dumm schreiben, wie es kommt! Tatsächlich ist mir in der anderen Halbachse (Beifahrerseite) auch der Bohrer im Bohrloch abgebrochen und steckengeblieben. Das Schlimme war, dass ich dieses Mal nicht von der anderen Seite vorgebohrt hatte. Ich wollte die Bohrung von der Oberseite in einem Stück schaffen.
Die Ausgangslage auf der Beifahrerseite: Hier steckt noch die originale Schraube - unverrückbar
Ich hatte die Achse während der Arbeit nicht ordentlich gelagert und so ist sie plötzlich während des Bohrens auf dem Lagerbock verrutscht. In diesem Moment nachte es "knack" und das Bruchstück des Bohrers steckte tief im Loch fest.
Leider blieb mir nun nix anderes übrig - ich musste nun doch auch von der Unterseite mein Glück versuchen, um zu dem Bohrerstummel vorzudringen. Es war eine "Sche...-Arbeit" und es sind mehrere Bohrer dabei draufgegangen.
Letztendlich blieb ich aber der Sieger - ich bin durch!
Oval-Loch von unten - notgedrungen
Von der Unterseite ist es leider ein zu weites ovales "Langloch" geworden - was natürlich so nicht vorgesehen war. Das ist das Ergebnis meiner Bemühungen, den abgebrochenen Bohrer von der Unterseite zu erreichen und zu entfernen.
Von oben sieht es recht gut aus
Nun überlege ich, ob ich es auf 12 mm erweitere und eine Buchse einsetze. Buchsen in den passenden Abmessungen hätte ich hier parat (außen 12, innen 10 mm). Aber ist das wirklich nötig um die Feder sauber zu montieren? Würde die sich losruckeln? Vielleicht lasse ich es auch, weil es überflüssige Arbeit ist - ich entscheide das noch. Jedenfalls kann sich die neue Schraube nun nicht mehr so festsetzen, wie es die originale getan hatte, ob mit oder ohne Buchse.
Das Loch der anderen Halbachse (Fahrerseite) konnte ich übrigens problemlos auf 10 mm erweitern, so dass ich eine Schraube M10x80 DIN 931, zur Befestigung der Spiralfedern montieren kann.
Nun muss ich die beiden Achshälften weiter für den Sandstrahler vorbereiten. Vielleicht befasse ich mich noch vorher mit den zentralen Lageraugen. Auf jeden Fall muss nun die Achswelle vor dem Sand geschützt werden. Ein passendes Rohr zum Überstülpen habe ich hier. Es muss noch zugesägt werden. Das Verstärkungsblech an der Spurstrebe mache ich noch ab, damit auch dahinter der Rost entfernt werden kann.
Zuletzt von AbzweigLetter am So 03 Okt 2021, 09:47 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Mi 11 Nov 2020, 10:02
Fahrwerk/Bremse
Es war gestern ziemlich frisch, deshalb habe ich nicht viel gemacht. Aber ich war neugierig und habe die Bremstrommel heruntergenommen. Die Bremsen müssen raus, bevor die Achse gestrahlt werden kann.
Beifahrerseite: Da haben wir nun das erste Foto - unmittelbar nach dem Entfernen der Trommel. Die Achswelle ist gut gefettet, das Kegellager scheint sauber und intakt. Spinnen haben hier Unterschlupf gesucht.
Innenseite rechts (Beifahrerseite) nach dem Entfernen der Trommel
Da fällt jedoch etwas auf! Dem muss man nachgehen! Der Bereich auf der Ankerplatte, direkt um das Lager herum, ist dunkel gefärbt. Es sieht aus, als wenn das durch kleine Fettspritzer entstanden wäre. Nach unten ist das erwärmte Fett dann auch etwas gelaufen, wie man sieht. Ursache kann hier vermutlich nur ein defekter oder abgenutzter Wellendichtring sein.
Achswelle und Bremse Beifahrerseite
Es ist aber nicht so dramatisch, dass er zwingend sofort getauscht werden müsste. Wie Ihr wisst, ist dieser Simmerring mit Außenlippe als Normteil nicht mehr lieferbar. Wer also wirklich dort einen Ersatz benötigt, ist auf eine Nachfertigung angewiesen. Sollte das wirklich notwendig werden, so muss ich mir notgedrungen einen anfertigen.
Natürlich kann das dann kein "moderner" aus Stahl mit Kunststofflippen sein, so wie von Tempo hier bereits damals verwendet. Eine Nachfertigung könnte aus zwei Scheiben mit zwischengelegtem Leder oder Filz hergestellt werden. So waren die auch, als es diese modernen Simmerringe noch nicht gab. Das ist machbar, da es dort nur Lagerfett ist, das nicht unter Druck steht. Man bekommt es auf jeden Fall ausreichend dicht.
Wenn ich das Lager abgezogen habe, werde ich den Wellendichtring näher untersuchen.
Die Bremsenteile sehen erwartungsgemäß aus. Sie sind soweit ok. Natürlich müssen die Beläge erneuert werden.
Außerdem ist mir hier noch etwas zu den verwendeten Bremsseilen aufgefallen - aber dazu später.
Die Lager sehen dann in etwas so aus: https://www.ebay.de/itm/1-IBU-Kegelrollenlager-LM48548RS-LM48510-LM48548-L-48510-34-925x65-088x18-034/372014710209?hash=item569dcdfdc1:g:1xwAAOSweIlZa6Zj
Vielleicht findest du auch passende Lager, die mit intergrierter Dichtung die Funktion der alten WeDi übernehmen können.
Gruß Ralf
Zuletzt von Matador E am Mi 11 Nov 2020, 20:42 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet