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Thema: Re: Tempo Boy 1951 Di 29 Jun 2021, 20:21
Hi Uwe,
das hat doch gut geklappt mit dem Abzieher es war schön dich mal persönlich kennen zu lernen. Freut mich auch das wir dir mit den fehlenden Teilen für dein Pedalwerk helfen konnten damit du mit dem Boy weiter kommst ;-)
Das mit dem Krümmer für den Doppelkolbenmotor hat mir auch zu denken gegeben dadurch weiss ich das uns auch einer fehlt für unsere beiden Boys.
Temporeiche Grüße
Christian
_________________ Fuhrpark:
-Tempo: T6 Bj.31 -E200 Bj.37 -E400 Bj.39 -A400 Kasten Bj.41 -G1200 6Sitzer Bj.41 -Boy Kasten Bj.51 -Hanseat Kombi Bj.53 -Hanomag: Matador E Tiefpritsche Bj.66 , Matador E Kasten Bj.66, Matador E Doka Bj.66 -Opel: Olympia Lieferwagen Bj. 37, Olympia Rekord Caravan Bj. 56, Olympia Rekord Bj. 57 -VW: Passat 32B div. Varianten und Bj.
Erlaubt ist, was gefällt ;-)
Hast du keinen Tempo-Wagen wird die Konkurenz dich schlagen!
"Typreferent Vorkriegsfahrzeuge und Dreirad bis 1949"
www.tempohausen.de
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Di 29 Jun 2021, 21:10
Hallo Christian, hallo Leute,
ich wusste nicht, ob es Euch recht wäre, wenn ich Tempohausen als Ort des Geschehens preisgeben würde. Deshalb hatte ich Tempohausen "inkognito" beschrieben. Hat mich auch sehr gefreut, Euch beide Tempohausener persönlich kennenzulernen.
Also, Leute: Natürlich war diese ganze Aktion in Tempohausen! Einige werden es vielleicht vermutet haben. Ich war übrigens schwer begeistert. Dort könnte man mich einschließen und nach einer Woche wäre es mir nicht langweilig...
Ja - der Besuch hat mich nicht nur ein ganzes Stück weitergebracht, sondern ich habe nun auch verstärkten Mut, dass mein Projekt bald auf drei Rädern steht. Wobei "bald" nicht missverstanden werden sollte - es dauert alles seine Zeit, aber ich bleibe dran.
Zum Krümmer: Ich habe dazu mit @Norbert "Nobbi" mehrmals bereits telefoniert und schon die ersten Details besprochen. Er sieht das ganz locker, mit dem Krümmer. Er hat ein originales Muster, das man als Grundlage nehmen könnte, um sich einen Ersatz zu schweißen. Passende Flansche gibt es "von der Stange" im Klempner-Handel - aus Edelstahl oder aus normalem Schweißstahl. Das gleiche gilt für Schweißrohre, für Bögen und sogar für Reduzierstücke. Die Kunst ist nur, die Bögen so zusammenzubekommen, dass hinterher ein passender Krümmer daraus wird.
Nobbi würde sogar so weit gehen, die Flansche nicht von der Stange zu nehmen, sondern selbst welche zu sägen. Die Maschinen dazu hat er ja. Er ist eben ein Perfektionist und arbeitet immer sehr pedantisch.
Ich denke, dass Ihr in Tempohausen die Fähigkeiten und auch die technische Umgebung habt, um auch so einen zu bauen.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 12:21 bearbeitet; insgesamt 4-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Mi 30 Jun 2021, 00:05
Fahrgestell
Pedalwerk
Vielleicht habt Ihr es schon bemerkt? Ich bin (fast) vollständig!!!
Kaum hätte ich geglaubt, dass das in so relativ kurzer Zeit noch wahr wird. Ich habe ein originales Bremspedal bekommen. Es ist stark verrostet, aber man kann es wieder aufarbeiten.
Nun kann ich endlich alle drei Pedale, so wie sie eingebaut werden müssen, nebeneinander legen. Von links nach rechts: 1=Kupplungspedal mit Feder (44-2-9+44-2-11) 2=Bremspedal (44-2-5) 3=Gaspedal (44-2-7)
Pedale in richtiger Reihenfolge
Das Kupplungspedal mit der Drehfeder hatte ich hier im Regal liegen. Es gehört zu diesem Tempo Boy. Man sieht, dass es schon etwas abgenutzt ist. Es wird links an der Innenseite des Schwellers auf einer Achse befestigt. Deshalb ist das Auge auf der linken Seite. Es wird also linksseitig montiert.
Kupplungspedal (44-2-9) mit Drehfeder (44-2-11)
Da ist es nun endlich, mein lange gesuchtes Bremspedal! Das Auge zeigt nach rechts, weil die Achse rechts am Zentralrohr befestigt ist. Es wird also rechtsseitig montiert. Es gibt leider einen kleinen Wermutstropfen, den ich erst heute bemerkt habe: An der Seilklemme (44-3-11/1) fehlt hinten ein Stück, sie ist zu kurz. Die muss also auf jeden Fall ersetzt oder repariert werden, da sie nicht richtig zu befestigen ist. Diese Seilklemme nimmt das Bremsseil zur Vorderradbremse auf. Die Hinterradbremsen werden über eine Bremszugstange mit einem Bremsseilhalter (Wippe/Traverse) gehalten und haben mit dieser Seilklemme nichts am Hut. Trotzdem - das muss ersetzt werden! Auch die Vorderradbremse muss ihren Dienst tun.
Bremspedal (44-2-5) und Seilklemme (44-3-11/1)
Das Gaspedal stammt, so wie das Kupplungspedal, ursprünglich von diesem Fahrzeug. Es fehlt die lange Zugfeder (41-5-3) die als Rückzugfeder dient und Zwischenringe 30x5x1,5 (44-2-19), die als Distanzscheiben dienen. Beides ist aber sicherlich zu beschaffen. Die Seilklemme für das Gaspedal ist vorhanden und gut.
Gaspedal (44-2-7)
Auch der richtige Handbremshebel ist nun vorhanden! Den gekröpften grünen Hebel hatte ich hier als Ersatzteil liegen. Der hätte zwar auch funktioniert, aber er gehört eigentlich zu einem älteren Modell (vermutlich E-Typ).
Originaler Boy-Handbremshebel und einer eines älteren Modells (grün, gekröpft)
Der originale Handbremshebel hat sogar noch die Blattfedern! Der grüne, gekröpfte Handbremshebel hat stattdessen als Ersatz eine Spiralfeder, die den gleichen Zweck erfüllt. Dieser Handbremshebel stammt von einem älteren Tempo-Modell und hatte ursprünglich auch die Blattfedern, wie das Foto beweist.
Handbremshebel mit Blattfeder und Handbremshebel mit Ersatz-Spiralfeder
Außerdem ist noch die Bremszugstange mit Spiralfeder und doppelter Seilklemme (links und rechts) für die Hinterradbremsen vorhanden. Wenn man das folgende Bild mit der Explosionszeichnung aus dem Teilekatalog vergleicht, sieht man die leichte Kröpfung der Stange und den "Haken" mit der Bohrung. Wenn die Bremszugstange am Bremspedal eingehakt wird, wird dahinter eine passende Unterlegscheibe aufgesteckt. Danach erfolgt die Sicherung mit einem Splint.
Bremszugstange am Bremspedal mit "Haken" und Sicherungsbohrung
Auf der anderen Seite der Bremszugstange sitzt die doppelte Bremsseilklammer (Traverse, Wippe, Trapez) und die Druckfeder. Ich weiß im Moment noch nicht, wo sich die Druckfeder abstützt. Das wird sich aber ermitteln lassen.
Bremszugstange mit doppelter Bremsseilklammer
Komplettes Pedalwerk ohne Kupplungspedal
Zum Pedalwerk ist bis auf Kleinigkeiten nun alles vorhanden, worüber ich mich sehr freue. Die Aufarbeitung kann gestartet werden.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:15 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Do 01 Jul 2021, 00:09
Aggregataufhängung und Antrieb
Kettenkasten
Eigentlich war ich dabei, den Kettenkasten zum Sandstrahlen vorzubereiten. Damit soll es jetzt auch erst einmal weitergehen. Das Pedalwerk kommt an die Reihe, wenn wenn wir hiermit durch sind.
Die beiden Spannbuchsen (43-1-12), die zum Spannen der Kette dienen, hatte ich bereits ausgebaut. Die sind offensichtlich auch schon erheblich benutzt worden, wie man an den ausgeschlagenen Löchern sieht. Brauchbar sind sie allemal noch.
Spannbuchsen (43-1-12)
Nun muß zuerst die Perrot-Bremse ausgebaut werden. Die Bremsbacken jedenfalls sind fettfrei.
Bremsankerplatte mit Perrot-Bremse - Bremsseil-Zuführung
Bei genauem Hinschauen sieht man schon, dass die (nun ausgeweidete) Bremsankerplatte ziemlich ölig aussieht. Das war vorher nicht so zu sehen.
Bremsankerplatte nach dem Ausbau der Bremsbacken (verdreht!)
Einen neuen Simmerring (35x56x10) habe ich bestellt. Das ist heute noch lieferbare Normware und wird in verschiedenen Varianten angeboten.
Verschlissener Simmerring - alles verölt
Beide Kugellager sind defekt. Sie kratzen und sind verschlissen. Das Lager 6207, das im Kettenkasten sitzt, wird durch ein einseitiges "RS-Lager" ersetzt. "Doppelt gemoppelt hält besser". Das Lager im Kettenkastendeckel (6305) muss ebenfalls erneuert werden.
Das verschlissene Stück Kunstleder diente zur Abdichtung der Bremse an der Bremsseilfassung.
Irgend etwas stimmt nicht mit der Bremsankerplatte! Das Bremsseil geht direkt nach oben ab. Man beachte auch die Nieten und die zusätzlichen offenen, ausgeschlagenen Bohrungen. Vermutlich wurde die Bremsankerplatte neu eingenietet und dabei etwas verdreht. Da nun die Öffnung der Bremsseilzuführung genau nach oben zeigt, hat man einen Kunstlederlappen zwischengelegt. Original war das jedenfalls nicht. Ich werde die Bremsankerplatte wieder so ausrichten, wie sie gehört.
Ich habe zur Not noch zwei andere Kettenkästen, aber dann geht das wieder mit dem Abziehen der Nabe los. Ich habe noch keinen passenden Abzieher hier. Das wird auch noch eine Zeit lang so bleiben, befürchte ich.
Wurde die Bremsankerplatte neu genietet und dabei verdreht?
Das Bremsseil ist ebenfalls Meterware, wie bei den Hinterrädern. Allerdings wird es nicht in Messingröhren geführt, sondern in einer Bowdenhülle (Spirale). Die Bremsseilführungsschraube hängt hier noch am Bremsseil. Der Rest sieht stark nach Bastelarbeit aus. Da hat man noch eine Seilklammer angeschraubt. Vermutlich gab es Probleme mit der Klemmschraube am Bremspedal.
Altes Bremsseil vorn mit Bremsseilführungsschraube
Hier noch die Seite des Bremsseils an der Bremsankerplatte. Das muss ich alles erst noch reinigen. Ersetzen muss ich das alles auf jeden Fall.
Altes Bremsseil vorn
Zuletzt noch der Abschlußdeckel oben (43-1-8/1). Der war noch nie eingebaut, ist also im Originalzustand mit etwas Rost von der langen Lagerung.
Abschlußdeckel oben (43-1-8/1)
Nun muss noch alles für den Sandstrahler verschlossen werden. Dann sehen wir weiter.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:14 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 02 Jul 2021, 01:29
Fahrgestell
Perrot-Bremse
Es ärgert mich, das Ding mit der verdrehten Bremsankerplatte. Es bereitet mir ein unangenehmes Gefühl im Bauch und ich will auf mein Bauchgefühl hören!
Das Bremsseil bekommt durch die falsche Anordnung eine falsche Führung. Es mag mal funktioniert haben, aber es gefällt mir ganz und gar nicht.
Dazu ist mir noch eingefallen, dass bei Goliath die Bremsankerplatte der Perrot-Bremse (baugleich mit Tempo), geschraubt ist. Wenn das bei Goliath geht, sollte es auch bei Tempo klappen...
Perrot-Bremse in meinem Goliath/Borgward FW200 - Bremsankerplatte geschraubt (da fehlt ja eine Schraube...)
Mein Bauch ließ mir keine Ruhe und ich habe die Nieten nun doch ausgebohrt. Die Befestigungsbohrungen im Kettenkasten sind davon nicht betroffen, da die Nietenköpfe nur angebohrt und dann mit Meißel abgeschlagen wurden.
Kettenkasten ohne Bremsankerplatte
Die Befestigungsbohrungen sind innerhalb des ölgefüllten Bereichs. Deshalb kann es dort zu Undichtigkeiten kommen. Nieten sind spaltfüllend, weil sie gestaucht werden. Damit erfolgt automatisch eine Abdichtung, wenn es fachmännisch durchgeführt wird. Jetzt weiß ich, warum manche Kettenkästen genau an dieser Stelle leicht ölen. Bisher hatte ich keine Notwendigkeit, die Bremsankerplatte zu entfernen. Eine zusätzliche Abdichtung ist unumgänglich, wenn geschraubt wird, sonst verliert der Kettenkasten über die Bohrungen Öl.
Kettenkasten von innen mit Befestigungsbohrungen
Einige der zuletzt ungenutzten Bohrungen sind eher kleine Langlöcher. Man sieht es sogar auf dem Foto. Ist das der Grund für den ehemaligen Umbau? Vermutlich ja, wie ich meine.
"Langlöcher"
Übrigens war auf der vorderen Bremsankerplatte auch ein Fabrikschild festgenietet. Das habe ich abgebaut. Nach der Reinigung wird es wieder befestigt.
Ehemaliger Sitz des Fabrikschildes an der Bremsankerplatte
Nun kann ich die Bremsankerplatte richtig ausrichten und festschrauben, anstatt zu nieten.
Original wären acht Halbrundniete 6x18 DIN 660. Es gibt auch 7 mm Durchmesser, falls aufgebohrt werden müsste.
Bremsankerplatte in der richtigen Ausrichtung
Die Bremsschlauchaufnahme zeigt in Richtung des Bremsseilhalters und eine entsprechende Montage des Bremsseiles ist wieder möglich.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:13 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Di 06 Jul 2021, 09:24
Stirnwand
Geschwindigkeitsmesser
Am Kettenkastendeckel ist der Tachoantrieb befestigt. Bislang war es mir nicht klar, wie die Befestigung funktioniert, da das Winkelgetriebe keine Verschraubung hat. Auch aus den noch eingebauten Resten im Kettenkastendeckel wurde ich nicht recht schlau. Erst, nachdem ich die Teile vom Kettenkastendeckel abgeschraubt hatte, kam mir die Erleuchtung.
Das Foto zeigt die ölige Innenseite des Kettenkastendeckels mit dem nun hohlen Befestigungsloch und den ausgebauten Teilen.
Ausgebauter (Rest-) Tachoantrieb
Es handelt sich um eine Klemmverschraubung. Im Kettenkasten sitzt eine Klemmbuchse mit einer Überwurfmutter. In der Klemmbuchse steckte noch der Rest des alten Tachoantriebs.
Man sieht hier den "Schlitz" der Klemmbuchse, der sich beim Anziehen der Mutter schließt und so den Tachoantrieb festklemmt. In der Mitte ist noch der alte Mitnehmer zu sehen.
Rest des alten Tachoantriebs - noch in der Klemmbuchse steckend
Der Stummel des alten Tachoantriebs ist natürlich Schrott. Man sieht hier die Klemmbuchse mit dem konischen Kragen und die Befestigungsmutter. Wird die Mutter festgezogen, so zieht sich der Konus stramm in die Öffnung des Kettenkastendeckels und die Klemmverbindung wird zusammengepresst.
Klemmbuchse mit Überwurfmutter (45-6-24)
Im Vergleich zu dem alten, abgebrochenen Befestigungsstutzen hier mein guter Tachoantrieb - der aber von einem Hanseat oder A-Typ stammt.
Befestigungsstutzen am Tachoantrieb
Die Klemmbuchse habe ich hier mal lose auf den Tachoantrieb gesteckt. Auf dem Foto ist es verkantet, aber wenn man ihn weiter aufsteckt, gibt sich das von allein.
Tachoantrieb mit lose zur Probe aufgesteckter Klemmbuchse und Mutter im Tarnanzug auf Holzbrett
Ist Euch aufgefallen, wie sehr sich die Mutter auf dem Holzbrett fast bis zur Unsichtbarkeit getarnt hat? Das ist eine Chamäleon-Mutter - oder die Mutter eines Chamäleons.
Der Tachoantrieb ist jetzt mit einem Schmiernippel ausgerüstet und unter Druck neu geschmiert worden. Der läuft wie geschmiert! Auf der Wellen-Seite ist der Rest der alten Tachowelle mit Überwurfmutter aufgeschraubt. Nach der Reinigung der Klemmschraube habe ich nun die Teile handfest auf den Tachoantrieb gesteckt. Da sind die Teile beisammen und ich finde alles wieder - zu seiner Zeit.
Die Lager dieses Tachoantriebs sind leider mit Blechkappen verpreßt. Eine Reparatur ist dadurch fast unmöglich bis sehr erschwert. Es soll auch Antriebe geben, die eine Verschraubung haben, habe ich mir aus glaubwürdiger Quelle sagen lassen, aber die kenne ich nicht.
Tachoantrieb fertig zum Einbau
Nun kommt der Tachoantrieb ins Fertigteileregal und wartet auf seinen Einbau.
Dass dieser Antrieb vom A oder vom Hanseat ist, schließe ich daraus, dass der keinen Schriftzug "Boy" eingeprägt hat. Der Hanseat-Antrieb hat eine Übersetzung 1:2, während der Boy - wegen der kleineren Bereifung - eine Übersetzung von 1:1,9 hat (lt. Teilekatalog). Ob in jedem Fall immer der Schriftzug "Boy" eingeprägt war, weiß ich nicht. Es lässt sich sehr schwer prüfen, ob die Übersetzung meines Antriebs 1:2 oder 1:1,9 ist. Vielleicht werde ich das noch machen.
Sollte jemand von Euch einen guten Boy-Antrieb haben (Schriftzug eingeprägt) und einen vom Hanseat oder A suchen, so wäre ich zu einem Tausch bereit!
Nun geht es weiter mit Kettenkasten und Hinterachsen. Öffnungen und Lager müssen gegen Sand abgedichtet werden, damit der beim Strahlen nicht eindringt und nichts beschädigt. Das hätte der alte Herr nicht so gern!
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:12 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
jcolberg Ingenieur
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Thema: Re: Tempo Boy 1951 Mi 07 Jul 2021, 11:06
Hallo Uwe,
vielen Dank zu Deinen Ausführungen zum Tachoantrieb. Wieder ein paar Details zu diesem bei mir noch ungelösten Thema. Auch die Erkenntnis, dass es doch nicht 1:2 ist, wie sich andere schon sicher waren, sondern ungefähr 1:1, wie ich geschätzt hatte. Braucht es nur noch einen geeigneten Antrieb. Sachdienliche Hinweise nehme ich gerne entgegen.
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Re: Tempo Boy 1951 Mi 07 Jul 2021, 12:06
Hallo Jens Jcolberg, hallo Leute,
lt. Teilekatalog ist das Übersetzungsverhältnis beim Hanseat 1:2, nicht 1:1 - damit keine Mißverständnisse auftreten! Das wird auch bei Deinem A nicht anders sein.
Mein Boy hingegen benötigt eigentlich einen Antrieb 1:1,9. Diese hatten meistens einen Boy-Schriftzug eingeprägt. Die Drehrichtung ist Eingang=Ausgang, also gleiche Drehrichtung! Es gibt auch Antriebe (nicht von Tempo), die gleich aussehen, aber entgegengesetzte Drehrichtung haben.
Sollte jemand von Euch einen guten Boy-Antrieb haben (Schriftzug eingeprägt) und einen vom Hanseat oder A suchen, so wäre ich zu einem Tausch bereit!
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:11 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
jcolberg Ingenieur
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Thema: Re: Tempo Boy 1951 Mi 07 Jul 2021, 12:17
Hallo Uwe,
danke nochmal. Anscheinen kann ich nicht lese (oder gucken), waren wohl zu viele Einsen, hatte im Kopf mit 1:1,19 gearbeitet. Ein geeigneter Antrieb fehlt mir trotzdem noch. Falsche Drehrichtung hat auch schon jemand gehabt.
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 So 11 Jul 2021, 14:52
Aggregataufhängung und Antrieb
Kettenkasten
Hoffentlich schaffe ich es in der kommenden Woche, den Kettenkasten sandstrahlen zu lassen. Die Vorbereitungen dazu sind jedenfalls getroffen.
Er hat zuerst eine Innenreinigung erhalten (incl. Deckel). Damit kein Sand in die Öffnungen dringt, habe ich mir passende Ronden aus Stahl besorgt.
Kettenkasten - vorbereitet für den Sandstrahler
Die Bremsankerplatte ist erst provisorisch befestigt. Die Ausrichtung ist noch nicht so, wie sie später sein muss. Die zusätzlichen Befestigungsbohrungen an der Bremsankerplatte müssen nicht gegen den Sand abgedichtet werden, da sie am Lagergehäuse blind enden. So, wie es jetzt ist, wird gestrahlt.
Damit ich später den Kettenkasten einbauen kann, werde ich mich zwischenzeitlich mit dem Getriebe befassen.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:11 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Mo 12 Jul 2021, 03:20
Antriebsaggregat
Getriebe
Das Antriebsaggregat wird am Lenkzapfen aufgehängt. Das Getriebegehäuse hat eine Bohrung für die Aufnahme der Lagerhülse. Deshalb will ich Motor und Getriebe trennen. Der Motor ist jetzt noch nicht an der Reihe. Außerdem ist das Getriebe ohne den Motor wesentlich handlicher. Die rote Linie markiert diese Stelle. Man darf sie gern nach links überschreiten...
Ansicht von der Kupplungsseite - Trennlinie zwischen Motor und Getriebe
Die roten Markierungen zeigen die zwei oberen von insgesamt vier M10er-Befestigungsmuttern, die auf Stehbolzen geschraubt sind. Die grüne Markierung zeigt den Platz für zwei zusätzliche Befestigungsschrauben (M6), mit denen die Dichtungsflächen zusammengezogen werden.
Ich hatte verdrängt, was für eine Fummelei das ist. Die Ingenieure haben so wenig Platz gelassen, dass man nicht einmal einen normalen 17er Schraubenschlüssel ansetzen kann. Ohne Spezialwerkzeug ist vor allem der Mutter auf der Kupplungsseite nicht beizukommen. Das Dreigang-Getriebe ist weitgehend identisch mit den A-Typen.
Draufsicht auf Motor und Getriebe
Gut, dass ich "Spezialwerkzeug" hier liegen habe. Es handelt sich dabei um einen einfachen, gestanzten 17er Blechschlüssel, der als Beigabe bei irgendeiner Montagesache lag. Normalerweise werfe ich so ein Zeug in den Schrott. Nun bin ich jedoch froh, dass er noch hier ist. Da er sehr viel "schlanker" als die Standard-Schlüssel ist, kann man die Mutter damit packen und etwas bewegen.
Besonders auf der Oberseite hat sich richtig viel Dreck angesammelt, der in sämtliche Vertiefungen eingedrungen ist.
Oberseite - Befestigungsmuttern und "Spezialwerkzeug"
Insgesamt sind es sechs Schraubverbindungen, die gelöst werden müssen. Schwierigkeiten machen eigentlich nur die zwei Muttern (oben und unten) auf der Kupplungsseite. Ich hatte das Glück, dass die Muttern willig waren sich zu lösen. Sollte man hier auf Widerstand stoßen, würde es richtig kribbelig werden.
Unterseite - Befestigungsmuttern
Was 70 Jahre innig miteinander verbunden ist, will sich auch dann nicht trennen, wenn die Schraubverbindungen gelöst sind. Ein Hartholz und leichte Hammerschläge führten schließlich zum Erfolg.
Kupplungsseite - Motor und Getriebe trennen sich
Zwischen Motor und Getriebe gehört mindestens eine Papierdichtung. Es können auch mehrere sein, denn damit wird die Kette gespannt. Hier waren bereits zwei Lagen zwischengelegt und mit Curil zusätzlich abgedichtet.
Flansche mit Stehbolzen an Getriebe und Motor
Hinter dem Kettenrad befindet sich die Kupferdichtung, die für eine trockene Verbindung zwischen Kettenkasten und Getriebe sorgen soll (meistens erfolglos). Sie lassen sich nur entfernen, wenn das Kettenrad abgezogen wird. Ich werde mein Möglichstes tun, damit es in Zukunft hier trocken bleibt.
Kettenrad mit Dichtungsring ("Schwammkupfer)" zwischen Getriebe und Kettenkasten
Die Schwierigkeit an dieser Stelle ist, dass die Antriebskette zwischen Getriebe und großem Kettenrad hier gespannt wird. Zu diesem Zweck hat der Kettenkasten ein Langloch. Die Abdichtung ist nicht ganz einfach, da die Dichtungen deshalb auf der Kettenkastenseite gleitfähig bleiben müssen.
Die Dichtung besteht aus einem Kupferring ("Schwammkupfer"), einer Stahlscheibe (wie Distanzscheibe) und einer Papierdichtung. Da werde ich etwas experimentieren müssen, um Dichtigkeit zu erreichen.
Dichtungselemente zwischen Getriebe und Kettenkasten - links Stahlring und Papierdichtung, rechts "Schwammkupfer"
Das Getriebe süppelt etwas an der Hauptwelle mit der Verzahnung für das Kettenrad. Ich werde die Ursache suchen müssen und hier neu abdichten. Den Seegerring habe ich wieder angebracht. So geht er mir nicht verloren.
Undichtigkeiten an der Hauptwelle
Bevor ich das Getriebe öffne, muss es erst von außen ziemlich sauber sein. Ich will nicht, dass etwas von dem anhaftenden Dreck ins Gehäuse gerät.
Die Bohrung für die Aggregataufhängung am Lenkzapfen ist von innen auch ziemlich verdreckt. Auch da muss ich ran, bevor ich die Lagerhülse wieder einpressen kann.
Bohrung für die Aufnahme der Lagerbuchse (Lenkzapfen)
Wichtig ist erst einmal, dass die Trennung vom Motor geglückt ist. Nun erfolgt die Reinigung und dann die Prüfung.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:10 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
Anzahl der Beiträge : 4954 Anmeldedatum : 17.04.17 Ort : Niedersachsen - Barsinghausen
Thema: Tempo Boy 1951 Mi 14 Jul 2021, 02:31
Antriebsaggregat
Getriebe
Den gröbsten Dreck habe ich mit einem Spachtel heruntergekratzt. Nun erkennt man zumindest, dass es sich um ein Getriebe handelt. Auch die Inschriften sind wieder aufgetaucht. Das Getriebeöl ist entfernt. Inzwiischen ist es auch - anders als auf dem kommenden Foto - wieder weitgehend sauber.
Die Teilenummer des Getriebes ist 21-3-01, was uns sagt, dass das es nicht völlig identisch mit dem 3-Gang-Getriebe des 400er Zweizylinders ist. Meine Vermutung ist, dass die Untersetzung wegen des schwächeren Motors eine andere ist.
Getriebe für Boy 21-3-01
Könnt Ihr Euch noch an den Deckel für den kleinen Kettenkasten erinnern? Der war schon mal geschweißt worden und die Schraubenbohrungen hatte die Kette löcherig durchgescheuert. Das lässt eigentlich auf einen ehemaligen kapitalen Schaden schließen. Nun, nachdem das Getriebe wieder recht sauber ist, verstärkt sich dieser Verdacht. Da wurden einige Reparaturen durchgeführt, geschweißt und auch gebastelt.
Am "Schaltdeckel mit Kugelschaltbolzen (21-3-45) haben sich die Befestigungsnieten der Schaltkulisse (21-3-64) gelockert. Dadurch schlackert die Schaltführung und man findet die Gänge nicht gut. Das ist ein Schaden, der sich immer weiter fortsetzen würde, wenn man das nicht repariert. Die Schaltführung schlägt immer weiter aus, bis es möglicherweise zu einem schweren Getriebeschaden durch unvermeidbares Verschalten kommt.
Schaltdeckel mit Kugelschaltbolzen (21-3-45) und Schaltkulisse (21-3-64) - ausgeschlagene Nieten
Hier sieht man die lockeren Nieten von der anderen Seite. Ich habe sie "nachgenietet". Es ist fest und ich hoffe, dass das dauerhaft sein wird. Man muss es aber im Auge behalten! Die Bewegungen der Nieten würde man beim Schalten sehen. Sollte das "Nachnieten" nicht ausreichen, müsste man ggfs. auf die nächst größeren Nieten wechseln. Es ist noch genug "Fleisch" für ein evtls. Aufbohren vorhanden.
Vielleicht ist das ein Anlaß für Euch, mal Eure Nieten dort unter die Lupe zu nehmen? Einfach mal im Stand schalten und dabei diese Nieten beobachten. Auch Ölaustritt an den Bohrungen könnte ein Indiz für den gleichen Verschleiß sein.
Schaltdeckel mit Kugelschaltbolzen (21-3-45) - ausgeschlagene Nieten
Die Duplexkette hatte damals nicht nur Schäden im Deckel verursacht, sondern auch auf der Getriebeseite. Man sieht gut, wie sehr sich die Kette eingefräst hatte. Meine Vermutung ist, dass es zu einem Kettenriss mit diversen Folgeschäden kam. Man kann sich vorstellen, wie das knallt, wenn bei voller Fahrt die Kette reißt. Vorher war sie wahrscheinlich schlecht gewartet und überdehnt. Dadurch könnten sich die Spuren der Duplexkette im Deckel und hier auch erklären.
Schäden an den Gewindebohrungen - tiefe Einschnitte
Natürlich kann es durch die Schäden zu Undichtigkeiten kommen. Das Öl könnte in die Gewindebohrungen sickern und an den Schraubenköpfen am Deckel wieder austreten. Das ist davon abhängig, wie gut das Gewinde der Schrauben abdichtet. Ich werde es wohl nicht darauf ankommen lassen und hier wieder mit Epoxidharz nachhelfen, damit es wirklich dicht ist. Die professionellste Reparatur-Methode wäre natürlich das Schweißen mit anschließender Wiederherstellung der Gewindebohrungen. Aber Alu-Schweißungen kann ich nicht selbst durchführen.
Eine mögliche Variante wäre auch, hier M6er Stehbolzen zu verwenden, anstatt der originalen M6er Schrauben. Dann wäre die Abdichtung sicherer. Jedoch könnten die Stehbolzen bei zukünftigen Reparaturarbeiten (z. B. Kupplung) behindern. Es ist zu Überlegen, was zu tun ist.
Hier sind noch weitere Indizien für einen ehemaligen kapitalen Schaden. An der Ölablassschraube wurde das Gehäuse geschweißt (rote Markierung).
Reparaturstellen an der Getriebe-Unterseite - zusätzliche Schraube und Gehäuse-Reparatur
Außerdem ist dort eine Schraube eingesetzt worden, die dort nichts zu suchen hat (blaue Markierung). Die war für die Befestigung einer zusätzliche Sperre. Diesen Andruckhebel hatte der damalige Reparateur eingebaut, um gegen den Simmerring zu drücken (blaue Linie). Die durch das Gehäuse durchgehende Schraube sieht man im blauen Kreis. Offenbar hat der Simmerring nicht mehr genügend Halt im Sitz - deshalb dieses provisorische Hilfsmittel. Es wurde auch reichlich Curil verschmiert, um das dicht zu bekommen.
Inzwischen habe ich diese provisorischen Hilfsmittel ausgebaut - wir werden sehen.
Hilfssperre für den Simmerring
Ich bin auf alle Überraschungen gefasst, aber weiter zerlegen werde ich das Getriebe erst dann, wenn ich die bestellten Simmerringe hier habe.
Nun zum erfreulichen Teil: Das Getriebe lässt sich prima und weich schalten, alle Gänge funktionieren und rasten sicher ein. Mit der nun festen Schaltkulisse sollte das Schalten, das ich hier provisorisch mit einem Schraubenzieher gemacht habe, wunderbar funktionieren. Immerhin war dieser Boy ja noch in den 1970er Jahren auf hannoverschen Straßen unterwegs und hat damals so funktioniert wie er war, bevor ich ihn zwischen die Finger bekommen habe. Die Frage ist natürlich, wie lange das noch gutgegangen wäre...
Schauen wir uns mal die Schaltstellungen dieses 3-Gang-Getriebes an. Ich finde das sehr interessant. Die Stellungen der Schaltschieber zeigen an, welcher Gang eingelegt ist.
Leerlaufstellung
1. Gang
2. Gang
3. Gang
Rückwärtsgang
Papierdichtungen zwischen Motor und Getriebe und für den Deckel habe ich mir aus Elring-Abil geschnitten. Nun warte ich auf die Lieferung der Ersatzteile - vorher geht es hier nicht weiter.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:09 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 16 Jul 2021, 00:10
Aggregataufhängung und Antrieb
Kettenkasten
So ist er zurück vom Sandstrahler, der Kettenkasten. Inzwischen habe ich ihn mit Zinkgrundierung behandelt.
Er sieht sehr gut aus. Keine Dellen, nichts verzogen, keine Risse.
Boy Kettenkasten (43-1-61) zurück vom Sandstrahler
Lackieren, Bremsankerplatte richtig einbauen, Achse mit Kettenrad rein - losfahren!
Aber genau das sollte eigentlich nicht passieren:
Sand im Kettenkasten
Sand im Getriebe und Sand im Kettenkasten sind vom Ergebnis her gleichwertig. Nun kann ich sehen, wie ich den feinen scharfkantigen Strahlsand aus allen Ecken und Fugen wieder entferne. Ich dachte, dass ich alles gut abgedichtet hätte... Schlechte Vorbereitung meinerseits - eigene Schuld!
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:08 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Thema: Tempo Boy 1951 So 18 Jul 2021, 08:09
Aggregataufhängung und Antrieb
Kettenkasten
Vorderachse
Der Strahlsand ist wieder raus, soweit ich das überblicken kann. Das war ein ganzes Stück Arbeit! Aussaugen, auswischen, erreichbare Fugen auskratzen, Hochdruckreiniger und dann noch ein Schwamm mit Stiel (Heizungsbürste).
Der Kettenkasten ist grundiert. Nun geht es an den weiteren Zusammenbau.
Die Bremsankerplatte ist richtig ausgerichtet und fest. Auf das Aufbohren auf 7 mm habe ich verzichtet und M6er Schrauben und Muttern verwendet. Um alles öldicht zu bekommen, habe ich zusätzlich einen mineralölbeständigen Dichtstoff verwendet, der etwas flexibel bleibt. Es ist SMP - eine Dichtmasse, die von -40 bis +90 Grad C beständig bleibt. Sollte ein Enfernen der Bremsankerplatte doch nochmals notwendig werden, so reicht ein leichtes Erhitzen aus. Ich bin guter Dinge, dass es dicht ist, da dieser Klebstoff u. a. auch im Heizöl-Bereich und im Karosseriebau zur Anwendung kommt.
Einen Simmerring zu montieren, ohne ihn zu zerstören, ist nicht immer völlig einfach. Er sitzt meistens sehr stramm und verkantet sich leicht. Eine einfache Möglichkeit ist es, ihn mit zwei Scheiben und einer Schraube mit Mutter in den Sitz zu pressen. Das folgende Foto zeigt meine "Einziehvorrichtung" für Simmerringe. Auf die gleiche Art und Weise lassen sich auch Lagerbuchsen einpressen. Einschlagen ist nicht unbedingt zu empfehlen.
Einziehen des Simmerrings - SMP-abgedichtete Fugen und Schraubenköpfe
Der Simmerring lässt sich so, ohne ihn zu beschädigen, recht einfach montieren. Er hat die Prozedur gut überstanden.
Montierter Simmerring 35x56x10
Nun geht es daran, die Vorderachse mit dem großen Kettenrad wieder einzubauen. Zwei neue Kugellager 6305 und 6207 sind bereits auf der Achse montiert. Ich habe RS-Lager von FAG verwendet. Billig-Lager sind mir hier zu unsicher, da die Vorderachse hohen Belastungen ausgesetzt ist.
FAG-RS-Lager 6305+6207 auf der Vorderachse
Einseitig wird der eingebaute Lager-Dichtring auf der Ölseite entfernt. Die Ölfüllung des Kettenkastens schmiert so auch die beiden Lager. Zur Bremse hin ist die Abdichtung dadurch doppelt gemoppelt (Simmerring+Lagerring), aber das dürfte ja nicht schädlich sein.
Die eingebauten Lagerdichtringe sind keine einfachen Plastikringe, sondern sie haben Metalleinlagen, die die Stabilität ausmachen.
Einseitig geöffnete Kugellager und ein entfernter Dichtring
Mein Kettenrad ist noch mit 8mm-Nieten an der Achse befestigt. Tempo empfiehlt in den Werkstatt-Nachrichten, diese durch 10er Nieten zu ersetzen. Man ist auch werkseitig dazu übergegangen, 10er anstatt 8er Nietungen durchzuführen. Ich sehe bei mir keine Notwendigkeit, das zu tun, da das Kettenrad völlig fest sitzt. Ein Abscheren der Nieten ist unwahrscheinlich.
Wohl dem, der auf eine Lagerpresse zurückgreifen kann!
Vorderachse ist wieder eingebaut
Bis das dicke Achslager endlich an seinem Platz war, hat es doch etwas gedauert. Es sitzt sehr stramm. Nun noch die Kronenmutter drauf, das schützt das Gewinde und man muss sie nicht suchen.
Blick auf das große Kettenrad
Den Deckel werde ich vorläufig noch nicht wieder einbauen. Der Spritzspachtel, den ich verwendet habe, ist noch nicht völlig ausgehärtet (nach 24 Stunden) und noch griffempfindlich. Damit bin ich unzufrieden. Notfalls kommt das Zeug wieder runter.
Was steht sonst noch an? Die beiden Einstellbuchsen für die Kettenspannung müssen gereinigt werden. Jeder, der Tempo-Dreiräder kennt, der weiß auch, dass diese Dinger immer ganz besonders dreckig sind. Die Perrot-Bremse muss wieder an seinen Platz und Nabe und Bremstrommel müssen montiert werden. Das kann aber erst "handfest" erfolgen, da das Bremsseil fehlt und noch eingebaut werden muss. Dazu müssen Nabe mit Bremstrommel wieder herunter. Die Kette kann erst dann eingefädelt werden, wenn das Getriebe wieder mit dem Kettenkasten verbunden ist. Erst danach kann der untere Kettenkastendeckel fest eingebaut werden. Eine handfeste Montage ist jedoch erforderlich, da einer der beiden Lagersitze für die Vorderachse im Deckel ist. Wenn erst einmal der Rahmen gestrahlt ist und seine Hinterachse wieder hat, muss das Ganze rollfähig sein. Ich denke hier aber schon weit in die Zukunft.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:08 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Thema: Tempo Boy 1951 Do 22 Jul 2021, 00:20
Mit Getriebe und Kettenkasten geht es bald weiter. Aber es gibt Komplikationen, mit denen ich nicht gerechnet hatte!
Aggregataufhängung und Antrieb
Lenkzapfen
Da ich den Kettenkasten weitgehend fertig und das Getriebe in Arbeit habe, habe ich mich auch mit dem Lenkzapfen befasst. Der Lenkzapfen ist gereinigt und grundiert. Alle drei Lagerbuchsen sind von den Maßen her noch im Soll.
Fahrgestell
Rohrrahmen
Dann habe ich mir (erstmals) die Gabel genauer angesehen, bevor der Rahmen zum Strahlen gebracht wird...
Die Lageraugen im Gabelkopf sind völlig ausgeschlagen. Das Standardmaß für den Federbolzen ist 25 mm Durchmesser. So sollten im Idealfall die Lageraugen in der Gabel sein. Das 1. Übermaß wären 25,5 mm, das 2. Übermaß 26 mm gewesen. Meine Gabel ist bereits so weit ausgeschlagen, dass die Lageraugen völlig oval sind und an der weitesten Stelle bereits mehr als 26,5 mm haben.
Das hat mich schon überrascht, da die Bolzen in den Lageraugen standardmäßig kein Spiel haben und fest fixiert sind. Die Bewegung für die Federung erfolgt in den Befestigungsbuchsen des Lenkzapfens. Wären die ausgeschlagen, so wäre das normal gewesen. Aber hier sind Teile ausgeschlagen, die sich normalerweise gar nicht bewegen.
Ovale Lageraugen im Gabelkopf
Ich habe noch keinen Entschluß gefaßt, wie das am Besten zu heilen ist. Ein noch weiteres Aufbohren als auf 28 mm kommt für mich nicht in Frage. Vom Gabelkopf hängt das Leben ab und das Material würde zu sehr geschwächt werden.
M. E. ist die beste Lösung, die Lageraugen nur so weit schonend aufzubohren, bis sie wieder rund sind. Danach dann Stahlbuchsen einschweißen. Die Buchsen in den Lageraugen können wieder auf das 25er Standardmaß gebracht werden.
Eine weitere Möglichkeit wäre es, den Gabelkopf gegen einen besseren auszutauschen, was jedoch sehr aufwendig wäre, da er bei den Nachkriegs-Dreirädern fest mit Traverse und Zentralrohr verschweißt ist.
Gabelkopf mit Traverse und Rahmen verschweißt
Keine Möglichkeit ist es m. E., die Augen auf 28 mm aufzubohren und einen 28er Bolzen zu verwenden. Das wäre mir zu unsicher, da das Material dann zu sehr geschwächt wäre.
Ich bin nun gezwungen, mich für eine praktikable Lösung zu entscheiden, die meinen bescheidenen Möglichkeiten entspricht. Ich denke, dass ich Buchsen einschweißen werde, nachdem ich die Augen wieder rund gemacht habe.
Gibt es weitere sinnvolle Möglichkeiten, die ich nicht berücksichtigt habe? Hat jemand gute Ideen? Dann bitte her damit!
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:07 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 23 Jul 2021, 00:33
Fahrgestell
Rohrrahmen
Bevor ich eine Entscheidung treffe, wie es mit dem maroden Gabelkopf weitergeht, muss ich mir noch mehr Klarheit über die Situation verschaffen. Außerdem ist zu prüfen, welche möglichen Ersatzteile verfügbar sind und wie groß der Aufwand für mögliche Reparaturen ist.
Auf meinen Fotos hatte ich den Eindruck, dass in den Augen des Gabelkopfes Buchsen eingesetzt wären. Deshalb habe ich die Augen oberflächlich gereinigt und versucht, bessere Fotos zu machen. Das nächste Bild zeigt die Augen von der Beifahrerseite. Von dieser Seite wird der Bolzen eingeführt.
Augen von der Beifahrerseite gesehen
Ist das eingelaufen, oder sind dort Ringe eingepresst? Oder sind das Spuren einer ehemaligen Bearbeitung - einem Aufbohren auf Übergröße?
Schaut man sich das von der Fahrerseite an, so macht das einen ganz anderen Eindruck. Es ist keine Spur von vermeintlich eingepressten Ringen zu sehen.
Augen von der Fahrerseite gesehen
Von der Fahrerseite wird die Mutter aufgeschraubt.
Dann habe ich mal "angetestet", ob die Augen gehärtet sind. Jedenfalls hatte ich mit meiner Feile keinen großen Erfolg. Sie hat nicht wirklich gefasst, sondern ist nur über das Material gerutscht. Ein Anzeichen für einen gehärteten Bolzensitz?
Wären dort wirklich eingepresste Lageraugen vorhanden, so müssten die im Teilekatalog aufgeführt sein. Ich vermute, dass das ein Trugschluß ist und das Material nur tief eingelaufen ist.
Mehr und mehr gewöhne ich mich an den Gedanken, notfalls den kompletten Gabelkopf tauschen zu müssen. Das wäre aber die vorletzte Maßnahme. Die allerletzte wären Aufschweiß-Lageraugen.
Bei meinen Recherchen bin ich darauf gestoßen, dass es "Aufschweiß-Lageraugen" zu kaufen gibt. Die gibt es mit passendem 25er Innendurchmesser, einem Außendurchmesser von 40 mm und einer Höhe von 16 mm. 16 mm haben auch die originalen Lageraugen. Natürlich kommt es nicht in Frage, die alten Lageraugen abzuflexen und dort neue aufzuschweißen. Das wäre bei diesen tragenden Bauteil viel zu gefährlich.
Aber, eine denkbare Möglichkeit wäre, diese Lageraugen von außen aufzuschweißen. Dann hätte ein Federbolzen in den alten Augen Luft und wäre in den aufgeschweißten Augen gelagert.
Ein Hindernis ist, dass man dann einen 25er Bolzen mit einer Länge von 164 mm (Nutzlänge) benötigen würde, den es aber im Handel nicht gibt. Kann man einen solchen Bolzen anfertigen lassen? Ich selbst kann das jedenfalls nicht - schon deshalb, weil ich keine Drehbank habe. Die orginalen Bolzen sind aus C45-Stahl und oberflächengehärtet. Womit wir wieder bei einem möglichen Austausch des Gabelkopfes sind...
Das Zentralrohr ist vorn noch sehr verdreckt. Man sieht aber trotzdem die Schweißstellen vorn und hinten. Das wäre schon sehr viel Aufwand, den Gabelkopf zu tauschen.
Zum Schluß für heute noch ein Bild der A-Traverse mit dem defekten Gabelkopf
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:06 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 So 25 Jul 2021, 00:08
Das Problem mit dem Gabelkopf schiebe ich erst einmal auf die Bank.
Fahrgestell
Rohrrahmen
Es geht weiter mit der Fertigstellung des Kettenkastens. Die Perrot-Bremse muss ebenfalls instandgesetzt werden. Die originalen Fabrikschilder aus Zink liegen mir am Herzen. Die müssen wieder an die Bremsankerplatte. Auch das Schild von der Vorderachse ist nicht gerade in einem schönen Erhaltungszustand. Trotzdem habe ich es aufgearbeitet - soweit möglich.
Zink-Fabrikschild der Perrot-Bremse - "Rechte Bremse"
Nun wird ein Schuh daraus, was das mit der Beschriftung "Linke Bremse" oder "Rechte Bremse" auf sich hat. Das ist so beschriftet, damit es nicht zu Verwechslungen bei der Montage kommt.
Die blauen Kreise markieren die Bohrungen für die Befestigungsnieten des Fabrikschildes.
Bremsankerplatte, Fabrikschild und zwei Alu-Nieten
Das Fabrikschild ist wieder an Ort und Stelle!
Perrot-Fabrikschild festgenietet
Nun können auch die belegten Bremsbacken wieder montiert werden. Wichtig ist es, dabei auf die richtige Anordnung der schwächeren und stärkeren Federn unter Berücksichtigung der Drehrichtung zu achten.
Auszug aus dem Reparaturhandbuch - Anordnung der Federn
Bremsteller (Bremsankerplatte) und Bremsbacken haben die Original-"Lackierung" bekommen - rotbraune Grundierung. Die Beläge haben etwas Grundierung abbekommen. Das reibt sich wieder ab. Wenn erst einmal Nabe mit Bremstrommel montiert sind, könnten die auch pink, rosa oder babyblau sein. Das sieht keiner mehr.
Montierte Bremsbacken - Andordnung der Federn
Da noch kein Bremsseil vorhanden ist, ist die Montage noch nicht endgültig. Der Bremshebel befindet sich unterhalb der Bremsbacken. Wenn das Bremsseil eingehakt wird, müssen die Backen entfernt werden. Die Nabe mit der Bremstrommel kommt noch zum Sandstrahler.
Nun müssen noch Papierdichtungen für die beiden Deckel (oben und unten) des Kettenkastens geschnitten werden. Dann können auch die provisorisch angeschraubt werden. Ein fester Einbau mit den Papierdichtungen kommt noch nicht in Frage, weil die Kette montiert werden muss. Das geht aber erst, wenn das Getriebe fertig und eingebaut ist.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:05 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Thema: Tempo Boy 1951 Di 27 Jul 2021, 02:23
Antriebsaggregat
Getriebe
Die Ersatz-Simmerringe sind hier!
Den Gehäusedeckel 21-3-41 habe ich deshalb abgenommen. Er war natürlich gut mit Curil verklebt.
Gehäusedeckel mit Schaftrad 25 Zähne und Kupplungsklaue "K"
Damit ich das Getriebe wieder richtig montiere, hier noch eine Gedächnisstütze. Ich habe zwar den Teilekatalog mit guten Explosionszeichnungen, aber es kann nicht schaden, zusätzlich auch die Bilder des Originals zu haben.
Die Teilenummern weisen darauf hin, dass die meisten Einzelteile für den Einzylinder konstruiert wurden. Es kann also nicht so ohne Weiteres gegen ein 400er Dreigang-Getriebe ausgetauscht werden. Ob es mit den 200er Vorkriegsgetrieben identisch ist, kann ich nicht sagen.
Drei verschiedene Simmerringe sitzen im Getriebe, die ich ersetzen muss. Ein Hauptproblem ist der nicht mehr lieferbare Diring 37,5x55,5x10 für das Schaftrad. Als Ersatz habe ich mir zwei Diringe 37,5x45x4 liefern lassen.
Auf dem kommenden Bild ist der originale Simmerring 37,5x55,5x10 noch eingebaut (rote Markierung). Es ist einer, der voll mit einer "Stahldose" ummantelt ist. Ich kenne mich mit den Typenbezeichnungen der unterschiedlichen Diring-Bauarten nicht aus. Dieser hier ist voll mit Stahl ummantelt und an keiner Seite offen.
Auch der kleine Simmerring in der Buchse des Schaftrades (15x24x7) ist noch eingebaut (blaue Markierung rechts). Der ist völlig verhärtet und muss ebenfalls gewechselt werden. Er hat auch ein nacktes, nicht ummanteltes Stahlgehäuse, ist aber einseitig offen.
Wer noch nie Simmerringe an unzugänglichen Stellen gewechselt hat, kennt die Fummelei nicht - geschweige denn die Flüche, die man anläßlich dieser unerfreulichen Arbeit auf Lager hat.
Beim Ausbau hat sich der alte originale Simmerring in zwei Teile zerlegt. Ich sagte ja, dass der so wie eine Stahldose mit Loch in der Mitte konstruiert ist. Er hat also ein Unterteil und einen Deckel, was ich allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste. Der obere Teil dieser "Blechdose" ist im Sitz steckengeblieben, während das Unterteil heraus ist.
Das brachte mich auf eine (hoffentlich gute) Idee. Morgen geht es weiter.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:05 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
jpguilbert mag diesen Beitrag
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Thema: Tempo Boy 1951 Mi 28 Jul 2021, 07:20
Antriebsaggregat
Getriebe
Da sind die beiden neuen Simmerringe 37,5x45x4 mm. Der alte Simmerring (37,5x55,5x10) ist bei dem Versuch, ihn auszubauen, in mehrere Einzeleile zerfallen. Wir sehen das hier von mir als "Deckel" bezeichnete Teil. Der eigentliche Deckel steckt noch im Gehäusedeckel. Ich habe keine weiteren Versuche mehr unternommen, ihn zu entfernen - und das bewusst und mit Absicht.
Nun - meine Idee ist folgende: Wir haben ein originales altes Simmerring-Gehäuse mit den passenden Außenmaßen, das "zufällig" beim Ausbau auseinandergefallen ist. Also sozusagen einen (feststeckenden) Blechdeckel und das obige Blechunterteil.
Die Soll-Stärke ist 10 mm. Die neuen Simmerringe sind nur 4 mm stark. 2 dieser Simmerringe wären also 8 mm stark. Wir haben also noch 2 mm Luft, um auf das Soll-Maß zu kommen. Der alte Blechmantel hat eine Wandstärke von ca. 0,8 mm.
Nun könnte man doch auf die Idee kommen, die alten Gehäuse wieder neu zu verwenden, indem man einfach die neuen Simmerringe in das alte Gehäuse einpasst! Der alte Zwischenring ist dabei überflüssig.
Gesagt, getan! Mir gefiel meine Idee so gut, dass ich sie SOFORT in die Tat umsetzen musste! Was kann schon schiefgehen, außer, dass die neuen Ringe nicht richtig zentriert werden?
Mit der losen Hälfte habe ich begonnen und mit Sekundenkleber (mit nur zwei Klebepunkten) einen neuen Simmerring zentriert angepappt. Epoxidharz hat eine viel zu lange "offene" Zeit, um genau arbeiten zu können. Aber mit Epoxidharz habe ich dann die Ränder ausgegossen, um hohe Festigkeit zu erreichen.
Außenseite mit neuer Dichtlippe
Innenseite - ausgegossen mit Epoxidharz
Bei der losen Blechhälfte hat es wunderbar geklappt, wie die Fotos beweisen.
Die Hälfte, die im Getriebegehäusedeckel feststeckt, muss also gar nicht entfernt werden. Die gleiche Arbeit erfolgt nun dort.
Innenseite im Getriebegehäusedeckel
Soll er feststecken! Das spielt mir in diesem Fall sogar in die Karten. Den zweiten neuen Simmerring 37,5x45x4 habe ich auf die gleiche Weise zentriert, fixiert und dann die Ränder mit Epoxidharz ausgegossen.
Zentrierte Dichtlippe 37,5 mm - die scheinbar dünnere rechte Lippe ist der Perspektive geschuldet
Nun muss das Ganze noch wie ein Sandwich zusammengeklappt werden. Dazu wird die lose Hälfte auf den Sitz gelegt und leicht festgedrückt. Zwei starke, im Durchmesser passende Scheiben werden von innen und außen auf den Simmerring-Sitz gelegt und eine Schraube durchgesteckt. Dann wird die Schraube festgezogen. Dabei zieht sich der Simmerring in seinen Sitz. Man kann dem Simmerring dann noch mit einer im Durchmesser passenden Nuß und ein paar leichten Schlägen den Rest geben (falls nötig)...
Diese Vorgehensweise zeige ich noch an anderer Stelle. Hier das fertige Ergebnis:
Es ist sehr gut zentriert, wie ich mit meinem Augenmaß feststelle. Die Verschiebungen ergeben sich durch die Perspektive. Den Simmerring selbst habe ich natürlich nicht festgeklebt. Der hat auch so genügend Halt. Der neue Simmerring hat nun zwei Dichtlippen dicht nebeneinander. Zusätzlich werde ich das alte Kugellager gegen ein RS-Lager tauschen. Dichtigkeit dürfte dann gegeben sein.
Das Getriebe ist noch lange nicht fertiggestellt und es haben sich neue Gewitter am Horizont angekündigt.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:04 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Thema: Tempo Boy 1951 Do 29 Jul 2021, 02:39
Antriebsaggregat
Getriebe
Die Gewitter am Horizont haben sich nicht verzogen. Ich mache aber erst einmal weiter, wie geplant. Das Gewitter kommt unvermeidbar. Hoffentlich stehe ich dann nicht wieder im Regen...
Das Getriebe hat noch zwei weitere Simmerringe, die ich austauschen möchte. Einer davon sitzt im Schaftrad (blaue Markierung). Er dichtet die Hohlwelle gegen die Hauptwelle ab. Außerdem soll das Kugellager 6206 gegen ein RS-Lager ausgetauscht werden. Das alte Lager macht einen sehr guten Eindruck. Ein Austausch wäre nicht notwendig, aber ich will diese zusätzliche Abdichtung haben.
Schaftrad 25 Zähne im Ausbauzustand mit Simmerring 15x24x10
Zwischen Kugellager und Zahnrad ist nur ein sehr schmaler Spalt. Ein normaler Abzieher nützt hier nichts. Ich muss also wieder zu meinem Lagerabzieher greifen.
Die Messer des Abziehers werden an die schmale Spalte gedrückt und die Schrauben der Spannbacken angezogen. Das Lager sitzt ausgesprochen fest auf der Welle und lässt sich dadurch noch gar nicht beeindrucken. Lediglich das sehr geringe Spiel zwischen Kugeln und Rille (Rillenkugellager) hebt den Lagerring minimal an. Die Abzieher-Backen lassen sich nicht weit genug in den Spalt ziehen.
Darum musste ich die ganze Montage in einen großen Schraubstock spannen um so zusätzlich starken seitlichen Druck auf die "Messer" auszuüben.
Die Abzieherspindel zielt auf das Loch der Hohlwelle. Damit die Spindel Druck ausüben kann, muss eine starke Scheibe zwischen Spindel und Hohlwelle gelegt werden.
Montage des Lagerabziehers
Erst auf diese Weise hat es geklappt und das Lager hat den Widerstand aufgegeben. Zusätzlich zum Lager hat sich der Zwischenring 30x37,6x13,2 gelöst. Vielleicht war es dieser, der so viel Widerstand geleistet hatte.
Einzelteile des Schaftrades
Noch etwas zur Qualität meines "Wunder-Lagerabziehers": Die Messer haben an den Ecken sichtlich gelitten und sind nicht mehr scharf. Für eine zukünftige knifflige Anwendung müsste ich die erst wieder schärfen. Es gibt diesen Abzieher in zwei Qualitäten. Ein Original und eine Kopie. Ich habe mich damals für die billigere Variante entschieden. Ist das vielleicht der Grund? Ist das Material der teureren Variante besser? Es ist ein anderer Hersteller. Man kann Ersatz-Backen kaufen. Dann werde ich mich wohl für das Original entscheiden, um das zu prüfen. Hoffentlich sind die Einzelteile kompatibel.
Beschädigungen der Messer nach der ersten anspruchsvollen Anwendung
Der alte Simmerring 15x24x10 saß ebenfalls bombenfest. Der war auch nur mit Gewalt davon zu überzeugen, dass seine Dienste in Zukunft nicht mehr notwendig sind. Das Einpressen des neuen Simmerrings erfolgte durch sanften Druck im Schraubstock und ging problemlos.
Alter und neuer Simmerring 15x24x7
Der Zwischenring 30x37,6x13,2 dient mit seiner Außenseite der Abdichtung. Der Simmerring 37,5x55,5x10 im Gehäusedeckel läuft auf dieser Fläche, die etwas Rostansatz zeigt. Das muss noch entfernt werden, ohne den Durchmesser dieses Ringes zu verändern, da sonst der Simmerring nicht mehr passt.
Zwischenring hat Rostansatz
Bei dem neuen RS-Lager muss eine Dichtungsseite entfernt werden, bevor es aufgepresst wird. Das gleiche Spielchen hatten wir ja schon an dem Lager für die Vorderachse.
Ein entfernter Dichtring des RS-Lagers 6206
Nun muss zuerst das Lager, dann der Zwischenring aufgepresst werden. Die geschlossene (abgedichtete) Seite muss nach außen in Richtung Getriebedeckel montiert werden.
Schaftrad - fertige Montage
Ich muss nun noch eine Papierdichtung für den Gehäusedeckel schneiden und das Schaftrad in seinen Lagersitz pressen. Dann sind die Arbeiten am Gehäusedeckel erledigt.
Simmerring und Zwischenring habe ich vor dem Einpressen eingeölt, um die Dichtlippen zu schonen. Deshalb steht etwas Nähmaschinenöl in der Verzahnung des Schaftrades.
Die außen überstehenden Ränder der Papierdichtung werden nach dem endgültigen Aufschrauben des Gehäusedeckels auf das Getriebe noch mit einer scharfen Klinge abgeschnitten, damit das vernünftig aussieht. Für dieses dünnere Material hatte ich Reinzoloid hier, kein Elring Abil (damit keiner sagt, dass ich Schleichwerbung betreibe)...
Nun kommt das restliche Getriebe an die Reihe, und das wird nicht immer ein Spaß sein, wie ich bereits festgestellt habe.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:03 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
J Pou mag diesen Beitrag
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 30 Jul 2021, 00:23
Antriebsaggregat
Getriebe
Die Gehäusedeckelseite ist fertig. Im Gehäuse sitzt noch ein weiterer Diring (20x40x10), den ich austauschen möchte.
Die Getriebewellen sind noch an ihrem angestammten Platz. Der Rückwärtsgang ganz hinten im Gehäuse ist schlecht sichtbar (Pfeil). Haupt- und Nebenwelle müssen ausgebaut werden, um an den Rückwärtsgang zu kommen.
Getriebe ohne Getriebedeckel
Man sieht rot markiert, das Loch, das mal in das Gehäuse gebohrt wurde. Ich darf nicht vergessen es abzudichten, sonst läuft das Kupplungsöl aus.
Das Herausziehen von Haupt- und Nebenwelle geht ziemlich problemlos. Die Hauptwelle sitzt auf der Getriebe-Rückseite in einem Kugellager 6304 und wird mit dem maroden Diring 20x40x10 abgedichtet. Man muss lediglich aufpassen, dass die Einzelteile möglichst auf den Wellen bleiben und die Reihenfolge der Bauteile dokumentieren.
Haupt- und Nebenwelle
Schwieriger ist es, das Kugellager 6304 zu entfernen. Der Rückwärtsgang ist im Weg. Das Lager kann nicht einfach herausgedrückt werden, ohne vorher den Rückwärtsgang zu demontieren. Wäre der Rückwärtsgang nicht im Weg (roter Kreis), so würde es von allein aus seinem Lagersitz fallen. Es ist lose. Da stimmt etwas nicht, das darf so nicht sein! Da kommen die Gewitterwolken in Sicht.
Die Bronzebuchse links an der Getrieberückwand ist das Lager für die Nebenwelle.
Blau markiert ist ein Sprengring, der auf der Welle des Rückwärtsgangs sitzt. Der Sprengring ist bereits aufgebogen und rutscht fast aus seinem Sitz. Es will mir nicht gelingen, den Sprengring von der Welle zu bekommen. Der windet sich wie ein Aal und glitscht immer wieder weg, wenn man meint, man hätte ihn.
Auf dem Foto sieht man, dass sich die Zahnräder des Rückwärtsgangs mit dem Lagerring überschneiden. Also muss er raus, der Rückwärtsgang, sonst bekomme ich das Lager nicht heraus.
Letztendlich blieb mir nichts anderes übrig, als ihn mit einer Dremel anzuflexen. Nun habe ich keinen Sprengring mehr (der sowieso schon hin war). Der hat spezielle Maße, die nicht mit der DIN-Norm 7993 übereinstimmen. Er hat eine Stärke von 2,5 mm, die Achse ist 15 mm stark und an der Nut noch 13 mm. Nun muss ich mir eine Lösung einfallen lassen.
Man sieht oben die Welle des Rückwärtsgangs. Das eine Ende steckt in einem Lagerauge in der Gehäuserückwand, vorn ruht es auf einem in das Gehäuse eingegossenem Lagerbock. Die Welle müsste eigentlich fest im Gehäuse sitzen, ohne sich zu bewegen. Lediglich das Zahnrad muss sich auf der Welle drehen. Aber: Die Welle ist lose, dreht sich mit und lässt sich hin und her schieben. Auch da stimmt etwas nicht!
Rückwärtsgang, Kugellager 6304 und Simmerring 20x40x10 sind ausgebaut. Nun ist der Blick auf die Schäden frei. Die schlechte Nachricht ist, dass der Lagersitz für das Kugellager 6304 eingelaufen ist (roter Pfeil). Die gute Nachricht ist, dass der Lagerring nicht im Sitz schlackert, sondern sich nur mitdreht. Hier muß und wird Loctite helfen...
Blau markiert ist das ebenfalls marode Lagerauge für die Welle. Mit Loctite bekommt man die fest fixiert, ohne aufzubohren und ein neues Auge einzusetzen. Notfalls greife ich auch zu Epoxidharz. Beide Verbindungen könnten durch Erhitzen im Bedarfsfall wieder gelöst werden.
Dies ist der komplette Rückwärtsgang mit Welle, Bronzebuchse, Zahnrad und Anlaufring. Natürlich fehlt mir nun der Sprengring. Eine im Teilekatalog nicht verzeichnete Distanzscheibe wurde zusätzlich auf der Welle montiert. Die Zahnräder haben kleine Beschädigungen, die aber noch nicht gravierend sind.
Wichtige Frage: Wieviel Axialspiel muss das Ritzel auf der Welle haben?
Das eigentliche Ziel war es, den Simmerring 20x40x10 für die Hauptwelle zu wechseln und das alte Lager 6304 gegen ein RS-Lager zu tauschen. So kommt man wieder vom Hundertsten ins Tausendste... Aber - gemacht werden muss das!
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 12:25 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 So 01 Aug 2021, 05:59
Antriebsaggregat
Getriebe
Die Stehbolzen für die Befestigung des Gehäusedeckel stören mich etwas bei der Arbeit. Deshalb müssen sie vorerst raus. Stehbolzen herausschrauben sollte man niemals mit einer Zange, wenn man die Stehbolzen weiterverwenden möchte.
Stehbolzen herausschrauben mit gekonterten Muttern
Da die Stehbolzen nachher wieder ihren Dienst verrichten sollen, habe ich sie mit zwei gekonterten Muttern geschraubt.
Bevor es an den Zusammenbau geht, will ich mir das Gehäuse mal näher ansehen. Ich hatte ja schon mehrmals den Verdacht geäußert, dass das Getriebe mal einen ziemlichen (Fast-) Totalschaden hatte, der aber wieder repariert wurde.
Die ersten Indizien dafür waren die eingefrästen Sägespuren der Kette im kleinen Kettenkasten und im kleinen Kettenkastendeckel. Außerdem war der kleine Kettenkastendeckel im Bereich der Kupplung geschweißt worden.
Hier blicken wir von oben auf den Sitz (das Lagerauge) des Rückwärtsgangs und der darunter befindlichen Ölablaßöffnung. Dieser ganze Bereich wurde durch Schweißungen erneuert. Das hatten wir aber schon von außen gesehen, als wir das Gehöuse oberflächlich untersucht hatten. Unten ist der Lagerbock für die Achse des Rückwärtsgangs zu sehen.
Dann ist da noch eine kapitale Schweißung an der Aggregataufhängung. Die Bohrung für den Lenkzapfen muß mal schwer beschädigt gewesen sein.
Außenwand der Bohrung für den Lenkzapfen (Aggregataufhängung)
Da auch die Aufhängung für den Kühlerhalter geschweißt wurde, kann man auch von einem Unfallfahrzeug ausgehen. Wäre nur das Getriebe aufgrund eines Schaltfehlers oder eines Kettenrisses geplatzt, so wären die Aggregataufhängung und der Kühlerhalter sicher nicht betroffen gewesen. Vielleicht handelt es sich um zwei Schäden - unabhängig voneinander? Das wäre am Wahrscheinlichsten.
Schweißung an der Aufhängung für den Kühlerhalter
Also - solch aufwändige Reparaturarbeiten würde heute keiner mehr durchführen lassen - viel zu teuer. Das Getriebe käme auf den Schrott und würde durch ein neues ersetzt werden.
Nun geht es an den Zusammenbau. Erst kommt der Simmerring 20x40x10 für die Hauptwelle wieder an seinen Platz. Das Eindrücken in den Sitz mache ich wieder nach altbewährter Art mit zwei passenden Scheiben, einer Schraube und einer Mutter. Die Scheibe, die ich auf der Außenseite verwendet habe, dürfte ruhig etwas größer im Durchmesser sein, damit der komplette Simmerring abgedeckt und die Kräfte am Rand des Simmerrings drücken..
In diesem Fall klappte es auch so. Er sitzt perfekt, der neue Simmerring!
Meine Frage nach dem Axialspiel des Rückwärtsgangs hat sich von allein beantwortet, indem ich es durch den probeweisen Einbau sämtlicher Getriebewellen getestet habe.
Die Welle für den Rückwärtsgang muss fest im Gehäuse sitzen. Die habe ich allerdings mit Epoxidharz befestigt - nicht mit Loctite. Der Grund dafür ist die längere Aushärtzeit. Loctite hat nur 3 Minuten offene Zeit. Das war mir zu wenig, um sämtliche Einzelteile auf die Welle zu schieben. Außerdem musste ich Ersatz für den fehlenden Sprengring auf der Welle befestigen.
Handelsübliche Sprengringe DIN 7993 für 14 mm-Wellen sind 1 mm stark. Die Welle hat 15 mm Durchmesser und der originale Ring 2,5 mm Stärke. Die Nut habe ich nochmals nachgemessen und bin auf 13,5 mm gekommen. Das heißt, das ein handelsüblicher Sprengring nach DIN 7993 in der Nut völlig abtauchen würde.
Sprengringe original und nach DIN 7993
Trotzdem habe ich einen solchen Sprengring in die Nut geführt und einen zusätzlichen Seegerring für 14 mm verwendet. Weil die beiden Ringe auch seitlich gegeneinander drücken, lassen sie sich nicht verrücken. Das ist sicherlich Bastelei, aber wirksame Bastelei.
Rückwärtsgang ist wieder montiert
Das alte Hauptwellenlager 6304 habe ich durch ein neues RS-Lager ersetzt und mit Loctite 648 befestigt. Es sitzt nun bombenfest. Nur durch Erwärmen des Lagersitzes ließe es sich wieder entfernen. Der innere RS-Dichtring ist entfernt, der andere Dichtring ist auf der Außenseite. Dieses Lager hat ebenfalls eine doppelte Abdichtung erhalten (RS-Lager und Simmerring).
Alle Wellen sind an ihrem Platz. Nichts rutscht mehr durch und auch der Rückwärtsgang wird sicherlich wunderbar funktionieren.
Haupt- und Nebenwelle sind auch wieder eingebaut. Beim Einbau ist darauf zu achten, das die Zahnräder sich nicht verhakeln und dass nichts fehlt. Vor allem die Anlaufringe solten nicht vergessen oder verwechselt werden, da es die in unterschiedlichen Stärken gibt.
Blick auf Nebenwelle (links), Hauptwelle (rechts) und Rückwärtsgang (unten, dazwischen)
Es fehlen noch Gehäusedeckel, Schaltschieber und Schaltdeckel.
Blick von oben auf Neben- und Hauptwelle
Der Gehäusedeckel mit dem Schaftrad ist wieder eingebaut. Zur Abdichtung habe ich meine Papierdichtung und Curil verwendet.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:02 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Mo 02 Aug 2021, 01:09
Antriebsaggregat
Getriebe
Das Getriebe muss noch komplettiert werden. Die Schaltschieber, die mit ihrer Gabel in die Kupplungsklauen greifen, müssen wieder an ihren Platz.
Kupplungskauen auf Haupt- und Nebenwelle
Ich habe nicht ausprobiert, ob man die beiden Schaltschieber vertauscht einbauen könnte. Jedenfalls würde das Getriebe dann nicht funktionieren. Es ist darauf zu achten, dass die Gabeln sauber in die Klauen greifen und nicht daneben.
Montage der Schaltgabeln
Hier sieht man die montierten Schaltgabeln. Die Lagerböcke sind auch wieder eingebaut.
Schaltschieber im Getriebe
Nun fehlen noch Schaltdeckel und Schaltturm. Der Schaltturm macht mir Sorgen! Er schlackert auf dem Schaltbolzen - hat sehr viel Spiel. Ich erinnere mich nicht mehr, ob das sein muss, oder ob das stark ausgeschlagen ist. Ggfs. muss ich den Schaltturm ausbuchsen.
Die Dichtung zum Kettenkasten habe ich provisorisch auf die Hauptwelle gehängt, wo sie später hingehören. Das kleine Kettenrad ist wieder auf dem Schaftrad. Vor der Kettenkasten-Montage muss das nochmal entfernt werden.
Schaltturm ausgeschlagen?
Ist mein Schaltturm ausgeschlagen? Vermutlich ja! Ich werde ihn wohl ausbuchsen müssen.
Noch immer habe ich nicht das gebohrte Loch im kleinen Kettenkasten-Gehäuse (Kupplungsgehäuse) verschlossen. Das wird meine nächste Aufgabe.
Die Kupplung muss auch wieder eingebaut werden. Mir fehlen noch ein paar Gummipuffer für das Kettenrad. Aber das ist kein Problem.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 04 Okt 2021, 14:01 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Mi 04 Aug 2021, 06:53
Das Getriebe ist einsatzbereit. Ob es notwendig wird, den Schaltturm zu buchsen, wird sich zeigen, wenn es soweit ist. Ich habe zur Not einen in Reserve.
Antriebsaggregat
Doppelkolbenmotor Ilo WU250
Nun ist er an der Reihe, der 250er Prüfungsangst-Motor. Jemand, der bis einschl. 1954 den Führerschein 4 gemacht hatte, konnte dieses Auto fahren, ohne einen "richtigen" Führerschein machen zu müssen.
Motor Einzylinder-Doppelkolbenmotor Ilo WU250
Es ist eine erste Bestandsaufnahme und nähere Zustands-Untersuchung der Einzelteile.
Blau ist der Vergaserstutzen markiert. Am Zylinderkopf ist der Heißwasser-Stutzen zum Kühler grün eingekreist. Der Dynastarter muss zuerst heraus, bevor der Motor komplett zerlegt und das Kurbelgehäuse auseinandergezogen werden kann. Die alte Verdrahtung lass ich erst einmal so, wie sie ist.
Auf der Antriebsseite muss das Duplex-Kettenrad ab. Das Kurbelgehäuse lässt sich sonst nicht auseinanderziehen. Blau ist der Flansch für den Auspuffkrümmer markiert. Rot ist der Flansch für den Kaltwasserkrümmer (Zulauf vom Kühler zum Motor). Mir fällt jetzt erst auf dem Foto eine Linie an der äußeren Zylinderwand auf, die hoffentlich kein Riss ist. Das muss ich mir näher ansehen.
Optische Täuschung! Das sind einfach nur die beiden Zylinderwände. Da ist nichts kaputt.
Von der Getriebeseite sieht man links das Duplex-Kettenrad im "Kleinen Kettenkasten", rechts den Dynastarter. Eine Papierdichtung hatte ich mir bereits angefertigt.
Leider habe ich es verpasst, ein Foto von der Vergaserseite zu machen.
Die Unterseite sieht man nicht häufig im Bild - ich habe noch nie ein Foto gesehen. Die vier Befestigungsschrauben für den Zylinderblock habe ich rot markiert. Gelb ist die Trennlinie zwischen linker und rechter Hälfte des Kurbelgehäuses und die Befestigungsschrauben. Links ist die Kupplungsseite, rechts der Dynastarter.
Von oben ist in der Hauptsache der Zylinderkopf von Belang. Es gibt sechs Zylinderkopfschrauben. Drei habe ich bereits herausgeschraubt. Ich bin sehr auf das gespannt, was mich dort erwartet.
Zuletzt von AbzweigLetter am Mo 30 Okt 2023, 15:06 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
AbzweigLetter Ingenieur
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Thema: Tempo Boy 1951 Fr 06 Aug 2021, 00:20
Antriebsaggregat
Doppelkolbenmotor Ilo WU250
Der Alu-Zylinderkopf ließ sich problemlos entfernen. Wir werfen mal einen ersten Blick auf die Zylinder und die Oberseite der beiden Kolben. Das macht auf den ersten Blick einen unerwartet guten Eindruck. Es kann aber auch täuschen. Der schwarze Steg in der Trennfläche zwischen den beiden Zylindern deutet nicht auf eine defekte Zylinderkopfdichtung hin! Wir müssen bedenken, dass wir hier einen Einzylinder-Motor haben - wenn auch einen mit Doppelkolben, keinen Zweizylinder. Beide Kolben haben eine gemeinsame Brennkammer - das ist der Grund für diesen Steg.
Beim Betrachten des Zyiinderkopfes wird das noch deutlicher. Man sieht gut die gemeinsame Brennkammer mit nur einer Zündkerze über dem Hauptkolben.
Die Zündkerze ist schräg über dem Hauptkolben eingeschraubt.
Die alte Zylinderkopfdichtung habe ich ohne Beschädigung herausbekommen. Sie kann nun gut als Muster für eine Nachfertigung dienen.
Der Zylinderfuß ist starkt ölig und hat an den Dichtflächen etwas Ölkohle. Das ist ein sehr starkes Indiz dafür, dass die Dichtung dort undicht war. Wenn man sich noch mal die Fotos des Motor vor dem Zerlegen betrachtet, so sieht man, dass dieser ganze Bereich um den Zylinderfuß ölig und verdreckt ist. Da war ganz klar Durchzug!
Die Dichtung zeigt das gleiche Bild. Die ist völlig verölt, aber ich habe so wenigstens ein Muster.
Wir schauen mal direkt von oben auf die beiden Kolben:
So sehen sie also nun aus, die beiden Kolben. Sie sind gut ölig, die Kolbenringe sind alle beweglich. Es hat sich Ölkohle gebildet, besonders am Hauptkolben. Das ist ganz normal. Ein Freund, KFZ-Meister und hervorragender Oldtimer-Restaurator hat mir mal vor vielen Jahren erklärt, dass man die seitliche Ölkohle von gebrauchten Kolben nicht entfernen soll, wenn man sie wieder einbauen will. Der Grund dafür ist, dass sie dann noch mehr Spiel bekommen. Die Ölkohle hat eine dichtende und kolbenführende Wirkung. Ich werde mich nach seinem Rat richten.
Ein Blick von oben in das Kurbelgehäuse lässt hoffen! Gar nicht mal so übel.. Das Spiel der Kurbelwelle und der Kolbenbolzen werde ich noch untersuchen. Eine Kurbelwelle kann man neu lagern lassen. Eigenarbeit ist für einen Laien (wie ich es bin) nicht möglich, aber es gibt Spezialisten, die so etwas durchführen könnten. Auf das Kolbenspiel habe ich keinen Einfluß, da Ersatzkolben offenbar nicht mehr zu bekommen sind, außer als teuere Einzelanfertigungen. Das werde ich mir allerdings ersparen, wenn die alten Kolben noch vernünftig im brauchbaren Zustand sind.
Es fällt auf, dass beim Doppelkolbenmotor die Pleuel auf einer Ebene liegen, während sie beim Zweizylinder nebeneinander angeordnet sind.